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INTERVIEW„Es kann auch eine Ministerpräsidentin sein“

■ Der Präsident des Thüringer Landtags, Dr.Gottfried Müller, zur Nachfolge von Josef Duchac

taz: Herr Präsident, was gab letztendlich den Ausschlag für den Rücktritt des Ministerpräsidenten? Die sattsam zitierte Altlastigkeit, der Vorwurf der Führungsschwäche oder die offene Rebellion der drei Reformminister?

Dr.Gottfried Müller: Die Gründe sind in allen drei Komplexen zu finden. Den letzten Anstoß aber hat wohl der Verlust der Vertrauensbasis innerhalb des Kabinetts gegeben. Die Fraktion sah daraufhin in der gestrigen Sondersitzung alle Möglichkeiten erschöpft, die auseinanderdriftende Regierung wieder im Interesse des Landes zusammenzuführen.

Ist ein Neubeginn nur mit einem anderem Kopf oder auch eine Regierungsumbildung zu erwarten?

Das ist eine Frage, die der kommende Ministerpräsident zu entscheiden hat. Er allein muß die schwierige Frage der Kabinettsbildung lösen. Nach Thüringer Gesetz freilich hat er alle noch im Amt befindlichen Minister zu übernehmen. Allerdings nur für zwei Sekunden, dann können sie entlassen werden. Eine zwar rein theoretische Option, aber als solche doch recht apart.

Wir reden schon vom zukünftigen Ministerpräsidenten...

Es kann auch eine Präsidentin sein. Ich möchte Sie übrigens bitten, diesen Sachverhalt nicht in der in Ihrer Zeitung üblichen ineinanderverschachtelten hermaphroditischen Form darzustellen. Das hat nichts mit sexistischer Anmaßung meinerseits zu tun, sondern nur mit schlechtem Deutsch.

Das sei Ihnen hiermit zugesagt. Wir freuen uns außerordentlich, in Ihnen einen so aufmerksamen Leser zu haben. Wir waren bei der Ministerpräsidentin...

Ich persönlich bin der Ansicht, unserem Lande stünde eine weibliche Regierungschefin — übrigens dann die einzige in Deutschland — recht gut zu Gesicht. Außerdem erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, daß gerade konservative Parteien weit weniger Probleme mit weiblichen Regierungschefs haben als die vorgeblich fortschrittlicheren Parteien.

Herr Präsident, Sie zählten schon vor der Wende in der DDR zu den mutigen Verlegern und Schriftstellern und sind heute in allen Fraktionen des Parlaments ein sehr angesehener Mann. Stehen Sie als Ministerpräsident zur Verfügung?

Nein. Ich sehe im Amt des Parlamentspräsidenten eine mir gemäßere Aufgabe und bin überzeugt, der oder die künftige Amtsinhaberin muß jünger sein und mit Biß und Temperament ausgestattet, während ich meine Aufgabe mehr in integrativer, harmonisierender Hinsicht begreife.

Der CDU laufen — so ist zu hören — die Mitglieder in Scharen davon. Die Wähler werden sich wohl nicht anders verhalten. Wie, glauben Sie, wird Ihre Partei diesen Negativtrends Einhalt gebieten?

Ich habe solche Informationen über Mitgliederbewegungen dieser Art nicht. Sollte bei dem einen oder anderen meiner Parteifreunde dennoch Distanzierungsabsicht bestehen, er wird durch die überzeugende Qualität unserer künftigen Politik sowie die bald neu antretende Regierung rasch eines Besseren belehrt werden.

Ich danke Ihnen für das Gespräch.

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