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Erwachsene mit Behinderung in BremenGebündelte Behandlung

Seit August bietet ein eigenes Zentrum am Klinikum Mitte Behandlung für Erwachsene mit schweren Behinderungen an.

Berlin, 2013: Demo für eine schnelle Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention Foto: Hannibal Hanschke/dpa

Bremen taz | Für Erwachsene mit schweren Behinderungen sind Arztbesuche Teil des Alltags. Klingt nach Routine, aber diese Besuche seien „häufig mit sprachlichen und körperlichen Barrieren verbunden“ sowie „Ängsten und emotionalen Hürden“. So steht es in einer Broschüre des neuen medizinischen Zentrums für Erwachsene mit Behinderungen (MZEB), das im August am Klinikum Mitte eröffnet hat.

Das sei auch für niedergelassene Ärz­t*in­nen eine große Herausforderung: „Es ist schwierig, ausreichend viel Zeit für diese Patientengruppe einzuplanen oder die nötigen Voraussetzungen für eine günstige Untersuchungssituation zu schaffen“, sagt Karen Matiszick, Sprecherin der Gesundheit Nord.

Das MZEB soll nun Abhilfe schaffen – dank seines multidisziplinären Teams, das „langjährige Erfahrung in der Behandlung und Diagnostik mit geistigen und/oder schweren Behinderungen“ habe, so Matiszick. So arbeiten dort Ärzt*innen, Psycholog*innen, Physio- und Ergotherapeut*innen, Lo­go­pä­d*in­nen mit Fachpflegekräften und auch Sozialpädagog*innen.

Insgesamt sind es sieben Angestellte – zwei Ärz­t*in­nen und fünf The­ra­peu­t*in­nen oder Pflegekräfte. Alle haben Erfahrung in dem Bereich, sagt Matiszick. Die Ausstattung sei für den Anfang gut; wenn sich das Angebot rumspricht, müsse man sehen, ob es angepasst werden muss.

Auch Angehörige und Institutionen können Rat einholen

Das MZEB, geleitet von Ulrike Baebenroth, ist das erste seiner Art in der Stadt: Seit Anfang August können nicht nur Pa­ti­en­t*in­nen mit geistiger und/oder mehrfacher Behinderung in den zweiten Stock des Hauses sechs auf dem Gelände des Klinikums Bremen-Mitte kommen, sondern auch Angehörige, Institutionen, Betreuende.

Vorher war die Versorgungslage dieser Menschen „schwierig“, sagt Matiszick. Sie seien „nicht unversorgt“ gewesen, aber es habe ein Angebot speziell für ihre Bedürfnisse gefehlt.

Das medizinische Zentrum für Menschen mit Behinderung ist schon lange geplant, verankert ist es im Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Land Bremen – der wurde bereits 2014 vom Senat beschlossen und Anfang 2015 der Bürgerschaft vorgelegt.

Die Konvention fordere zum einen eine bessere Versorgung Erwachsener mit Behinderung in den Regelsystemen, heißt es in einer Vorlage für die Gesundheitsdeputation aus dem Jahr 2017. „Auf der anderen Seite benötigen Menschen mit schweren körperlichen und schweren geistigen bzw. Mehrfachbehinderungen spezielle diagnostische und therapeutische Kompetenz, verbunden mit einem multiprofessionellen Behandlungsansatz.“

Von Anfang an war klar, dass das Zentrum an die Klinik in Mitte angegliedert sein soll. Der Aktionsplan selbst hatte den „Zeitrahmen der Umsetzung“ auf 2017 terminiert. Aus verschiedenen Gründen habe es länger gedauert, so Matiszick, zum Beispiel durch die Suche nach passenden Räumen und der Organisation drumrum. Nun ist es soweit; nach „vielen Jahren des Einsatzes“, heißt es in einer Mitteilung des Landesbehindertenbeauftragten. Einsatz von der Selbstvertretung behinderter Menschen, von Ärz­t*in­nen, Kliniken, Politik.

Übergang aus Sozialpädiatrischem Institut möglich

Mit einer Überweisung und einem Schwerbehindertenausweis mit einem Grad von 70 und höher kann jetzt das MZEB zurate gezogen werden. Eine Alternative zur Haus­ärz­t*in will man nicht sein – diese bleiben laut Matiszick die „primär Behandelnden“ –, sondern eine Unterstützung: beispielsweise zur Erstellung eines Behandlungsplans oder der Verordnung und Anpassung von Hilfsmitteln.

Auch ein Übergang von Betroffenen aus dem Sozialpädiatrischen Institut in Mitte, also dem Kinderzentrum, soll möglich sein. Und: Das Personal kann die Pa­ti­en­t*in­nen auch zu Hause und im Heim besuchen. Matiszick ist sicher: „Das MZEB wird die Versorgung von Menschen mit schweren Behinderungen im Land Bremen entscheidend verbessern.“

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