Erstmals Tropensturm im Mittelmeer: Sintflutartige Regenfälle
Erstmals wurde ein Unwettertief über dem Mittelmeer als tropischer Sturm klassifiziert. Bis zu sechs Meter hohe Wellen brandeten auf die Strandpromenade von Lavagna.
BERLIN taz | Die Unwetter waren verheerend: Heftige Regenfälle führten in den vergangenen Tagen im Mittelmeerraum zu starken Überschwemmungen, besonders betroffen war das nordwestliche Italien.
In Genua machten die Wassermassen aus Straßen reißende Flüsse; bislang sind mindestens 16 Menschen in den Fluten ertrunken. Das zeigt: Auch Europa ist zunehmend von extremen Wetterereignissen betroffen - seien es heftige Niederschläge, Stürme, Dürren, Kälte- und Hitzewellen.
Das für die jüngsten Fluten am Mittelmeer verantwortliche Tiefdruckgebiet wurde nun erstmals als tropischer Sturm klassifiziert, und zwar von den Experten des US-amerikanischen Wetterdienstes NOAA. Sein Name: 01M. Bislang firmierten solche Tiefs als subtropische Stürme, die in der Regel weniger heftig ausfallen.
Die Entstehung dieses tropischen Tiefs begann nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes schon Donnerstag vergangener Woche mit einem Kaltluftvorstoß ins westliche Mittelmeer. Dort habe sich dann das Tief gebildet, das für die starken Niederschläge in Südfrankreich, Piemont, Ligurien und in der Südschweiz sorgte.
Eingekeilt zwischen dem Azorenhoch und einem kräftigen Hoch über Osteuropa, rührte sich dieses Mittelmeertief kaum von der Stelle, so dass in den betroffenen Gebieten enorme Regenmengen zusammenkamen. Zum Teil fielen über 300 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 48 Stunden.
Zum Vergleich: Heftige Regenfälle gab es in diesem Sommer auch im Nordosten Deutschland, was dort für lokale Überschwemmungen sorgte. So fielen am 22. Juli in Rostock-Warnemünde innerhalb von 24 Stunden 111 Liter pro Quadratmeter.
Über dem noch etwa 20 Grad warmen Mittelmeerwasser bildeten sich dann kräftige Gewitter. Das Tief verstärkte sich weiter und bildete einen warmen Kern. "Es wandelte sich mehr und mehr zu einem tropischen Sturm um", so Christian Herold vom Deutschen Wetterdienst. In der Nacht zum Dienstag seien dann Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 122 Kilometer pro Stunde gemessen worden.
Dieser Orkan ließ das Meer toben. Bis zu sechs Meter hohe Wellen rissen in Lavagna, südöstlich von Genua gelegen, die Strandpromenade ein. Auch die wichtige, direkt an der ligurischen Küste liegende Eisenbahnlinie war bedroht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren