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"Ersticken durch Umarmen"Atomforum will Allianz mit Ökostrom

Der Präsident des Atomforums will eine Allianz mit Ökostromanbietern. Die lehnen jedoch ab: Sie wollen "keine Geschenke von falschen Freunden".

Aktivisten demonstrieren gegen die Jahrestagung Kerntechnik in Dresden. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Atomlobby versucht anscheinend mit einer neuen Taktik, gegen die erneuerbaren Energien vorzugehen: Das Deutsche Atomforum hat den Anbietern von Ökostrom eine "Allianz" vorgeschlagen. Dies sagte Präsident Walter Hohlefelder am Dienstag in seiner Rede zur Jahrestagung Kerntechnik in Dresden. "Wir hatten in den 70er-und 80er-Jahren ein politisch gewolltes, enges Zusammenspiel, eine Allianz zwischen heimischer Kohle und Kernenergie", sagte Hohlefelder. Dies müsse heute auch zwischen erneuerbaren Energien, Energieeffizienzanstrengungen und der Kernenergie möglich sein. Konkret schlägt Hohlefelder vor, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen und daraus entstehende Zusatzgewinne auch im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz einzusetzen.

Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) lehnt dieses Angebot dankend ab. "Solche trägen Anlagen wie die Atomkraftwerke vertragen sich nicht mit den erneuerbaren Energien, die für eine flexible Stromerzeugung stehen", sagte BEE-Pressesprecher Daniel Kluge. Er sieht dahinter die Strategie "Ersticken durch Umarmen". Indem suggeriert werde, "den armen kleinen erneuerbaren Energien sogar noch auf die Beine zu helfen", versuche die Atomlobby, sich nicht angreifbar zu machen. "Aber wir wollen keine Geschenke von falschen Freunden, die letztendlich den Ausbau der erneuerbaren Energien bremsen", sagte Kluge.

Während Hohlefelder im Strommix Platz für beide Energiequellen sieht, erinnerten der BEE und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) daran, dass erst vor wenigen Wochen die Atomkonzerne EdF in Frankreich und Eon in Deutschland zugegeben haben, dass durch eine erhöhte Stromerzeugung aus Wind die Nutzung der Atomkraft unrentabel werde. Ungeachtet dessen warnte Hohlefelder davor, dass Deutschland mit seinem Atomausstieg international isoliert dastehen werde. Eine Neubewertung der Kernenergiepolitik sei zwingend.

Gegen eine Verlängerung der Laufzeiten protestierten Atomkraftgegner direkt vor Ort. Ausgestattet mit Strahlenschutzanzügen, Atommüllfässern, Trillerpfeifen und Rasseln empfingen Demonstranten am Dienstagmorgen die Besucher der Jahrestagung, die noch bis Donnerstag andauert. Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood entrollten ein Banner mit der Aufschrift: "Mal richtig abschalten. Atomkraft - nein danke!"

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10 Kommentare

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  • BG
    Bürger G.

    LOL, die Zahlen sind vom BMU!!!!! Dann hat es doch mit GLAUBEN zu tun!

     

    und selbst wenn, es bleiben Subventionen und die zugehörige produzierte energie schneidet lächerlich ab, bei einer geringen verfügbarkeit des ZUFÄLLIGEN Stroms!

  • N
    nicolo

    Sorry Bürger G., aber mit "Glauben" hat das ganze auch wenig zu tun, nur mit "Wissen". Eine geeignete Quelle für die Investitionszahlen findet man auf den Seiten des Bundesumweltministeriums (BMU). Im Übrigen kann z.B. die Windenergie bereits sehr wohl bei neu errichteten Anlagen bei den Stromgestehungskosten mit neuen KKWs oder AKWs konkurrieren. Nur der bestehende Kraftwerkspark in Deutschland (der im Durchschnitt älter als 30 Jahre ist und somit zu reinen Grenzkosten produzieren kann) ist hier noch günstiger. Das wird sich vor dem Hintergrund des Ersatzes der Altanlagen und der höheren Anforderungen (CO²-Handelssystem) allerdings auch ändern. Die gehandelten Börsenterminkontrakte für die Lieferung von Strom in der Zukunft zeigen hier klar die Richtung an, in die es gehen wird.

  • BG
    Bürger G.

    sorry nicolo, aber deine investitionszahlen glaube ich dir so nicht! belege wären schön. Aber selbst wenn es so wäre, sind das reine subventionen! bezahlt von uns allen mit dem teuren stromnebenkosten! Die "bösen" riesen bezahlen es durch ihre gewinne ohne den eeg beitrag! (bitte komm jetzt nicht mit den doofen Arguemten wie Abzocker und Subventionen der Kernenergie, alles schon zig mal widerlegt!)

    und des weiteren entsprichen die 200 Mrd Euro einer im verhältnis lächerlichen Zahl an installierten leistung zu Kern und Kohlekraftwerken!

  • N
    nicolo

    Immer der gleiche "Schmarn", den manche selbsternannte "Experten" hier von sich geben. Natürlich gibt es Möglichkeiten, Strom zu speichern!! Allein in der Norddeutschen Tiefebene gibt es in únterirdischen Kavernen Druckluftspeicherkapazitäten für mehr als 1,5 TWh Strom, ausreichend um mehr als 20 GW gesicherter Leistung aus Windkraftanlagen anbieten zu können. Und das nach einem Gutachten der Universität Stuttgart zu moderaten Mehrkosten von nur einem (!) cent pro Kilowattstunde erzeugten Windstrom. Da wird die unterirdische Speicherung von CO² mit Sicherheit teurer. Und nach 40 Jahren sind die Speicher voll und endgültig für jede andere Art von Nutzung blockiert (was wohl auch Sinn des ganzen Unfugs sein soll). Durch die Kombination mit anderen erneuerbaren Energieträgern und die Steuerung des Verbrauchs ist eine Vollversorgung mit EE-Strom technisch machbar.

    Im Übrigen wurden von den NE-Anbietern im letzten Jahr Investitionen in neue Anlagen von über 13 Mrd. Euro getätigt, von den großen Energiekonzernen nach Angaben des BDEW weniger als 5 Mrd. Euro!! Im Zeitraum 2005-2020 sollen Investitionen von über 200 Mrd. Euro durch die Neuen Energieanbieter durchgeführt werden, 5mal soviel wie die großen Konzerne auf ihrem Energiegipfel versprochen haben. Mal sehen, wer mehr recht hat?!

  • T
    thiotrix

    Ohne Kohle- und Kernkraftwerke ist das deutsche Wohlstandshobby Windkraft und Solarstrom gar nicht machbar!

     

    Strom kann nicht in großen Mengen gespeichert werden, er muß dann erzeugt werden, wenn er benötigt wird. Diese energiepolitische Binsenweisheit ist wohl nicht in die grünen Holzköpfe reinzukriegen. Windkraftwerke liefern völlig unregelmäßigen Zufallstrom - ein kurzer Blick auf die Windmühlen vor der Haustür oder auf die Wetteraufzeichnungen belegt eindrucksvoll die stark schwankende, absolut unsichere Leistungsabgabe. An manchen Tagen liefern die hochgelobten Windmühlen gerade einmal 4% der installierten Leistung ab. Der Rest kommt zum allergrößten Teil aus Kohle- und Kernkraftwerken. Für den Solarstrom gilt das gleiche – und ob die Grünen je lernen werden, daß die Sonne nachts nicht scheint und auch zu den Belastungsspitzen morgens und abends nichts beitragen kann?

    Ein dickes Lob für Kohle- und Kernkraftwerke – mögen sie uns noch recht lange erhalten bleiben!

  • BG
    Bürger G.

    @BENHUR: Die von Dir genannten "Öko"stromanbieter investieren hier in Deutschland höchstens symbolische Beträge!

    Die "bösen" und oft gescholtenen großen Energieversorger investieren die Mrd-Summen. Alleine RWE investiert jährlich über 1 Mrd €, baut für mehrere Mrd einen Offshore Windpark in Deutschland und für 3 Mrd in den Niederlanden EE! Bei der E.ON sieht es ähnlich aus!

     

    Wer behauptet, dass die großen nicht investieren der lügt! (naja, man liest es eben auch nicht in der TAZ!)

  • B
    BENHUR

    AKW und Kohlekraftwerke Betreiber investieren von ihren Milliardengewinnen nicht einmal die Hälfte in erneuerbare Energien.

     

    Daher sind konsequent nur volle Ökostromanbieter zu unterstützen, die ihre Gewinne nicht teilweise in AKW etc. stecken, sondern allein in den Ausbau erneuerbarer Technologien.

     

    Solche sind z. B. EWS, Greenpeace Energy und andere.

     

    Je mehr Kunden & Kundinnen sie bekommen, umso schneller können sie EE auch ausbauen

     

    (da ja die Regierung lieber ihre Billionen in Opel, Abwarckprämien etc. steckt ... obwohl EE mindestens ebenso viele neue Arbeitsplätze schaffen würden, wie dort "gerettet" werden).

     

    Die Sun Area Studie der Uni Osnabrück hat belegt, dass solche Städte 100% des Stroms ihrer Privathaushalte durch nur 25% solarenergetischer Nutzung ihrer Dächer erzeugen könnten:

    http://www.al.fh-osnabrueck.de/uploads/media/Broschuere_SunArea.pdf

     

    Die Leistung der EE in einem europäischen Grid könnte mehr als das Hundertfache von heute betragen:

     

    Solarenergie (v. a. aber nicht allein in Südeuropa) + Windraft + offshore Wellenkraft in allen Gewässern, die weniger als 200 m tief sind, dazu Geothermie u.s.w.

     

    Die finanziellen Mittel dazu wären vorhanden, wenn man die Konjunkturprogramme richtig gestalten würde. - als Bestandteil eines GREEN NEW DEAL .

  • S
    Strahlemann

    Ich finde, die Skepsis ist 100% berechtigt! Als ob die Atomvertreter plötzlich freiwillig ihre Reaktoren abstellen wöllten. Vlt habe ich da ja was nicht mitbekommen, aber alles was Atomlobby+Politik wollen, sind verlängerte Laufzeiten. Das Alibi, auf Alternativen eingehen zu wollen, ist doch pure Heuchelei.

     

    Außerdem ist der Energiehunger der Deutschen doch ungemein praktisch: Denn würde für Sparsamkeit und alternative Energieerzeugung geworben, verkaufte die energieverschwendende Industrie irgendwann nichts mehr.

     

    Außerdem sind Sonne und Wind frei verfügbar, da wären ja Staat und Wirtschaft schön blöd, das zu fördern. Große Konzerne, die den Strommarkt kontrollieren, zahlen schließlich Steuern; im Ggs zum utopischen Selbstversorger (der nix bezahlen muss, weil er den Strom selbst erzeugt). Und: die tollen Konzerne machen obendrein die Menschen abhängig von ihrem Strom! Wo kämen wir denn da hin, wenn jedeR selbst Strom erzeugt.

     

    Na wenn das nicht im Sinne von Wolfgang S. & Co. ist...

  • J
    Jan

    Kann mich meinem Vorkommentator nur anschliessen. Es ist keine Frage dass umweltverträgliche und saubere Energie was schönes ist und wir alles tun müssen damit wir dorthin kommen.

     

    Aber irgendwo müssen wir auch realistisch sein: beim aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik sowie dem Energiehunger den wir nun mal haben ist es schlicht nicht möglich nur auf eine Energie zu setzen. Und nicht Grundlastfähige Energieträger wie Sonne oder Wind kommen da schon gar nicht in Frage.

     

    Hier wird endlich mal die Hand gereicht und schon vermuten alle nur das schlechteste. Keine schöne Geste.

     

    Und nochwas an die taz: 30 Jahre unabhängige Berichterstattung ist eine gute Sache, aber wenn diese dann nicht objektiv ist nutzt die beste Unabhängigkeit nichts mehr. Versucht doch wenigstens mal etwas mehr Objektivität in die Berichte zu bringen.

  • BG
    Bürger G.

    "...einer neuen Taktik, GEGEN die erneuerbaren Energien vorzugehen" hat Nadine Michel irgendwas falsch verstanden? es geht nicht um das Gegeneinander!

     

    "...erneuerbaren Energien, die für eine FELXIBLE Stromerzeugung stehen" ZUFALLSSTROM ist es wohl eher, was es trifft!

     

     

    ...und was sind bitte "Strahlenschutzanzüge"?

     

    Bitte liebe TAZ: Wann lese ich endlich mal einen guten Bericht zum Thema Kernnergie und Radioaktivität?! Ist es euch nicht peinlich immer den gleichen Stuss zu schreiben?!