Erster Nachtrag zum Haushalt 97: Ulrich Nölle: Für 1997 fehlen 263 Millionen gesucht
■ Ende Januar will der Senat einen Nachtragshaushalt für 1997 beraten
Der Bremer Senat hat sich gestern noch nicht auf den Rahmen für die Finanzplanung 1999/2000 verständigen können. Dem Finanzsenator fehlen nach dem aktuellen Planungsstand 2,7 Milliarden. Er will aber nur 2,2 Milliarden neue Schulden machen, 500 Millionen sollen zusätzlich zu den bisherigen Planungen eingespart werden (vgl. taz 17.12.) Die Planzahlen bergen zudem unkalkulierbare Risiken, weil sie ein weitgehendes „Nullwachstums“ bei allen Ausgabenarten unterstellen.
Die mittelfristige Finanzplanung des Senats, räumte Finanzsenator Nölle auf Nachfrage ein, gehe nicht von einem jährlichen Zuwachs an Arbeitsplätzen und Einwohnerzahlen für das Land Bremen aus. Entsprechende Zielzahlen (55.000 Einwohner mehr, 40.000 Arbeitsplätze mehr bis 2007 „zum Ausgleich des Wachstumsrückstandes“ und als Voraussetzung für die Sanierung der Finanzlage) seien zwar in einer „Modellrechnung“ seines Hauses enthalten, nicht aber Grundlage der Finanzplanungen bei Einnahmen und Ausgaben.
Für 1997 will der Senat in einem „Nachtragshaushalt“ insgesamt 263 Millionen Kürzungen beschließen lassen und dadurch sichern, daß 100 Millionen der 1,8 Milliarden Sanierungshilfe zur Schuldentilgung verwendet werden können. Die deutlichen Steuereinbrüche sind für das neue „Loch“ in der Etatplanung verantwortlich, aber auch die ca. 20 Millionen, die Innen- und Bildungsressort für 1997 zusätzlich bekommen, weil sie 1996 ihre Sparziele nicht erreicht haben.
Bei der Beschäftigungsgesellschaft Mypegasus will der Finanzsenator 3 Millionen sparen. Das würde aber nur gehen, wenn am 30.April Schluß ist mit der Auffanglösung für arbeitslose Vulkan-Arbeiter. 10 Millionen „spart“ der Senat, weil die Fahrpreise der BSAG angehoben werden, 11 Millionen bringt die Anhebung der Grundsteuer, die auf die Mieten umgelegt wird. Um 40 Millionen will der Senat die Investitionsplanungen kürzen, die aber nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre eine Reserve für Haushaltsüberschreitungen darstellen.
Um den größeren Teil der Sparsumme, die 109 Millionen „konsumtive Kürzungen“, wird es nach Ansicht der AFB noch ein „Hauen und Stechen“ geben. Wo der Rotstift in den einzelnen Ressorts ansetzen soll, soll Ende Jannuar weiter beraten werden. In einer Protokoll-Notiz hat die Sozialsenatorin ihren Einspruch für ihre Ressorts schon angekündigt. Allein im Bereich Gesundheit, Jugend und Soziales sollen 19,6 Millionen bei den laufenden („konsumtiven“) Ausgaben gestrichen werden, 9,5 Mio bei den Investitionen. Beides geht nicht, formulierte Tine Wischer. Bei den Investitionen handelt es sich vor allem um vertraglich vereinbarte Krankenhaussanierungen, im „konsumtiven“ Bereich habe sie Mehrausgaben im Bereich der „Hilfe in besonderen Lebenslagen“, die sie kaum im Ressort ausgleichen könne. Denn wenn der Finanzsenator mit der einen Hand mehr Grundsteuer kassiert oder die Müllgebühren angehoben werden, dann „kostet“ das die Sozialbehörde ihren Anteil, weil auch die Sozialhilfe-Ausgaben steigen.
Bei den derzeitigen Plandaten, die auf der letzten Steuerschätzung basieren, sind die Folgen der Schließung der Vulkan-Werft für Steuereinnahmen und Sozial-Ausgaben noch nicht berücksichtigt. Dies wird der Senat bei seinen auf den 29. Januar vertagten Beratungen möglicherweise einarbeiten. K.W.
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