Erste indische Ringerin bei Olympia: Mit Blumenkohlohren auf Goldsuche
Als Geeta Phogat als Mädchen anfing zu ringen, wurde sie in ihrem Dorf dafür verspottet. Heute ist sie die erste indische Ringerin, die sich für Olympia qualifiziert hat.
Angefangen hat alles im Schlamm. Neben einem Viehstall in dem kleinem Dorf Balali, im traditionell konservativen indischen Bundesstaat Haryana, der für geschlechtsspezifische Diskriminierung und selektive Abtreibungen bekannt ist. Dort, wo Frauen früh verheiratet und wenig Unabhängigkeit genießen, dort begann Geeta Singh Phogat im Alter von 12 Jahren mit Jungen im Matsch zu ringen. Auf expliziten Wunsch ihres Vaters Mahavir Singh, der auch ehemaliger Ringer ist. Bei irrsinniger Hitze trainierte sie gemeinsam mit ihren Schwestern in kurzen Hosen und zog harsche Kritik der Dorfbewohner auf sich.
„Unsere Nachbarn sagten, dass wir niemals einen Mann abbekommen würden, weil wir durch das Ringen Blumenkohlohren bekämen,“ sagte die heute 23-Jährige im Interview mit The Times of India. Mit „Blumenkohlohren“ spielten die Dorfbewohner auf eine übliche Ringerverletzung an, ein geschwollenes äußeres Ohr - für Frauen schickt sich das nicht.
Ständig war Phogat im Dorfgespräch, wegen ihrer zu knappen Kleidung, wegen ihres Trainings mit Jungs oder einfach wegen der Ausübung einer durch und durch männlich dominierten Sportart.
Hart sei es als weibliche Ringerin gewesen, resümiert sie. Dennoch hatte sie die Unterstützung ihres Vaters sicher, der sie lehrte die Ohren auf taub zu stellen und sich nur auf das Ringen zu konzentrieren. Wenn sie nicht hart genug trainierte, bekam sie Schläge von ihm, wie sie erzählt. Und letztlich habe es sie stärker gemacht: Sie besiegte alle Jungen im Umkreis, sie war so gefürchtet, dass viele erst gar nicht gegen sie antreten wollten - aus Angst gegen ein Mädchen zu verlieren.
Eine Milliardennation hofft mit
Dieser Erfolg führte sie weiter. Etliche nationale und internationale Siege, bei den Commonwealth Spielen 2010 gewann sie dann als erste Inderin Gold in ihrer Gewichtsklasse. Und nun ist sie auch die erste Ringerin in der Geschichte Indiens, die sich für Olympia qualifiziert hat.
Die Erwartungen lasten auf ihr. „Es war schon immer der Traum meines Vaters, das eine seiner Töchter eine olympische Medaille für Indien gewinnt,“ sagte sie der Tageszeitung The Times of India. Diesem Traum ist sie nun ein Stück näher gerückt und eine Milliardennation hofft mit ihr. Gold ist ihr erklärtes Ziel. Ob das klappt, sei mal dahingestellt, aber sie wird sich mit Sicherheit nicht beklagen, dass die Ringermatte zu hart für sie ist.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!