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Erotik-Nepp

■ Sexhändler entpuppte sich als Betrüger

Berlin (taz) — Lüstern warten sie — und warten. Und warten. Doch die ersehnte Post kommt nicht. 5.179 Kunden, die meisten davon männlichen Geschlechts und allesamt aus dem Gebiet der ehemaligen DDR, gieren seit Monaten nach ihren vorab bezahlten Päckchen, bestellt bei der Bonner Firma „Exotech“. Von dem „Supersondereinführungsangebot“ können sie höchstens träumen. Und dabei wollten sie mit Erotikmagazinen und „raffinierter Reizwäsche für Sie und Ihn“ ihre schönsten Träume wahr werden lassen.

Allein im Juli hatten über 5.000 Interessenten nach einer Anzeige in der DDR-Zeitung 'Neue Zeit‘ und einer weiteren Anzeige im Dresdener Raum zugegriffen. Angepriesen waren Supersparpakete mit 24 Sexartikeln für 20 Mark (und einem tatsächlichen Verkaufswert von 239 Mark), beziehungsweise ein großes Riesensparpaket zu 50 Mark (im Wert von 580 Mark). Ganze 24 Zentimeter lang war das Inserat, das am 5. und 11. Juli die Aufmerksamkeit der mit Sexartikeln noch unvertrauten DDR-LeserInnen erregte. Hinter dem sachlich-neutralen Namen der Bonner Firma „Exotech“ aber verbirgt sich ein 23jähriger Bankkaufmann, der weder heiße Wäsche auf Lager hatte, noch jemals nur im Entferntesten daran dachte, Abwechslung in das realexistierende Schlafzimmer jenseits der aufgehobenen Grenze zu bringen. Am 2. November steht der (bereits 1985 wegen der Verbreitung pornographischer Schriften verwarnte) Bonner vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Bonn.

Rund 80 Geschädigte beklagten sich unterdessen bei „Exotech“, wo das bleibe, was laut Anzeige „nicht nur das Herz begehrt“. Die Kripo sammelt diese Zuschriften und bemüht sich, die Bestellungen samt Geld zurück zu schicken. Mehr als die 80 hätten sich aber noch nicht nach dem heißen Päckchen von „Exotech“ erkundigt — „die Scham“, vermutet der Landgerichts-Pressesprecher. Der Hinweis auf den Betrug sei von einem offenbar für derlei Reize unempfänglichen Leser gekommen. Petra Brändle

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