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Erneuerer setzten sich durch

■ IG Metall der DDR will sich mit IG Metall der BRD vereinigen / BRD-Gewerkschaftschef Steinkühler für Aufbau der gewerkschaftlichen Zusammenarbeit von unten, aber gegen Zusammenführung von DGB und FDGB

Berlin (taz) - In der DDR-IG-Metall haben sich die Erneuerer durchgesetzt. In einer Kampfabstimmung wählte die Zentraldelegiertenkonferenz der Gewerkschaft den bisher nur kommissarisch amtierenden Vorsitzenden Hartwig Bugiel zum neuen Vorsitzenden. Bugiel (46) setzte sich mit Zweidrittelmehrheit gegen die kurz vor der Wahl aus den Reihen der Delegierten nominierte Karin Schubert durch, die schon dem alten IGM-Vorstand der Vorwendezeit angehörte. Bugiel kommt aus dem Kombinat Carl Zeiss, Jena, und tritt für einen parteipolitisch unabhängigen Kurs und die schrittweise Zusammenführung mit der IG-Metall-West ein.

Die war in Gestalt ihres Vorsitzenden an beiden Kongreßtagen in der FDGB-Gewerkschaftshochschule in Bernau anwesend. Steinkühler betonte, auch er wolle eine Vereinigung der beiden Gewerkschaften so schnell wie möglich, aber „nicht im Hopplahopp-Verfahren“. Die Erneuerung der Gewerkschaften in der DDR müsse von unten, aus den Betrieben heraus vollzogen werden. Damit nahm er klar gegen ein Zusammenwirken mit dem DDR-Dachverband FDGB Stellung. Erst in der letzten Woche hatte sich der DGB -Bundesvorstand nach längeren Diskussionen gegen eine Zusammenarbeit mit dem FDGB entschieden. Damit wird es keine Verhandlungen zwischen DGB und FDGB über die Zusammenführung der beiden Gewerkschaftsbünde geben. Die Vereinigung der Gewerkschaftsbewegung in Ost und West wird über die Einzelgewerkschaften vollzogen. Der mit der ehemaligen SED eng verfilzte FDGB wird so im Laufe der Zeit automatisch seine Funktion als Dachverband der DDR-Gewerkschaften verlieren.

Wann die beiden Metallgewerkschaften sich vereinigen werden, blieb in Bernau offen. Allerdings gibt es innerhalb der IGM-West auch eine gewissen Skepsis gegen die im Tarifgeschäft völlig unerfahrenen neuen KollegInnen aus dem Osten. Die notwendige Schulungsarbeit beschert vielen WestfunktionärInnen Überstunden, während gleichzeitig in den Metallbetrieben der Bundesrepublik der Aufruf propagiert wird, zum Auftakt der anstehenden Tarifrunde um die 35 -Stunden-Woche alle Überstunden zu verweigern. Das 100jährige Bestehen der IG Metall, das im Juni 1991 ansteht, sollen West- und Ost-Metaller allerdings schon „vereint und gemeinsam“ feiern, so Steinkühler in Bernau. Zunächst aber hat die Ost-IGM mit ihren 1,68 Millionen Mitgliedern die Umwandlung des früheren Sekretariats des Zentralvorstandes in einen „Geschäftsführenden Vorstand“ nach dem Vorbild der West-IGM beschlossen. Diese Angleichung der Strukturen ist als erster Schritt auf eine Vereinigung hin gedacht.

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