Erneuerbare Energien in Italien: Solare, Oh No
Die Förderung für Erneuerbare Energien soll in Italien drastisch gekürzt werden. Der boomende Solarmarkt stört die Regierung. Sie möchte lieber endlich Atomkraftwerke bauen.
ROM taz | Totalstopp für Solarenergie, dazu starke Kürzungen auch bei der Windenergie: Italiens Regierung verabschiedete am Donnerstag ein Gesetzesdekret, das dem gerade erst begonnenen Aufschwung bei den erneuerbaren Energiequellen ein abruptes Aus bescheren könnte.
Der Mann, der die Vollbremsung will, heißt Paolo Romani und ist Wirtschaftsminister im Kabinett Silvio Berlusconis. "Mehr als 6 Milliarden Euro" müssten die Italiener mittlerweile über die Stromrechnung zur Förderung der Erneuerbaren ausgeben, barmte er jüngst. Dabei benutzte er allerdings einen großzügigen Begriff von regenerierbaren Quellen. Denn tatsächlich gingen 2010 nur 2,7 Milliarden an Wind- und Solaranlagen. Mit dem Rest wurden Müllverbrennungsanlagen, aber auch Kraftwerke finanziert, die Raffinerierückstände verbrennen.
Die Zahlenmanipulation hat ihren Grund. Ein Erfolg bei den Erneuerbaren passt einer Regierung gar nicht, die eigentlich nur eine "neue" Energie anschieben will: die in Italien bisher nicht vertretene Atomkraft. Vier Atomkraftwerke sollen entstehen, auch wenn es dafür weder Konzepte noch Geld gibt.
Der boomende Solarmarkt stört da nur - und soll nun radikal abgestraft werden. Die gerade erst für den Zeitraum 2011 bis 2013 festgelegten Fördersätze für Fotovoltaikanlagen werden nur noch gewährt, wenn die Anlagen bis zum 31. Mai am Netz sind. Wer später kommt, hat Pech gehabt - auch wenn er seine Investition auf Grundlage der staatlichen Zusagen geplant hat.
Die Regierung verspricht zwar, über neue Förderrichtlinien nachzudenken, doch beschlossen ist bislang nur die Komplettkappung. Außerdem soll es schon jetzt generell keine neuen Freiland-Solarparks von mehr als 1 Megawatt Leistung geben - aus "Landschaftsschutzgründen".
Minister Romani argumentiert damit, dass Italien schon jetzt "zu viel" Solarenergie habe. Das politische Ziel sei, bis 2020 Fotovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 8 Gigawatt zu errichten - mehr als siebenmal so viel wie Ende 2009. Doch diese Schwelle werde voraussichtlich schon in diesem Jahr überschritten. Der Grund: Im letzten Jahr explodierte der Markt förmlich. Diverse Länder wie etwa der frühere Boom-Markt Spanien, hatten die Förderung drastisch eingeschränkt.
Zugleich stand fest, dass Italien bis Ende 2010 höchst üppige Sätze gewähren würde. Ja, mehr noch: Das Parlament besserte im März 2010 das Gesetz noch nach und verfügte, dass die alten Fördersätze für alle Anlagen gelten sollten, die am 31. Dezember 2010 installiert waren und bis zum 30. Juni 2011 ans Netz gehen würden. Pro Kilowattstunde gibt es für Kleinanlagen 47 Cent und für Großanlagen 34 Cent. Außerdem kann der Betreiber den selbst erzeugten Strom gratis nutzen oder aber ins Netz einspeisen - und erhält dann zusätzlich noch dem Marktpreis für den Strom.
Nicht ganz so drastisch wie bei der Sonnen- soll der Schnitt bei der Windenergie sein: Hier soll die Förderung um 22 Prozent gekürzt werden, allerdings auch rückwirkend für bereits in Betrieb befindliche Anlagen. Das Signal wäre auch hier fatal: Verlässliche Investitionspläne würden unmöglich, wenn die Regierung sich die Neudefinition der Fördersätze nach eigenem Gutdünken vorbehält.
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