Ermittlungen: Fragen zu Polizeiunfall
■ Abgeordneter Güldner sauer über fehlende Offenheit des Innenressorts
Die Ermittlungen der Polizei über die Umstände des Unfalls, bei dem am 27. April ein sechsjähriger Schüler auf einem Fußgänger-Überweg der Schwachhauser Heerstraße von einem Polizeiwagen angefahren und schwer verletzt wurde, sind immer noch nicht abgeschlossen. Der grüne Abgeordnete Matthias Güldner hat am 3. Mai in einem Brief an den Innensenator verschiedene Fragen zu den Ermittlungen aufgeworfen und ist sauer, dass er – bis gestern jedenfalls – keine Antwort bekommen hat. Eine Antwort sei unterwegs, erklärt der Sprecher des Innensenators.
Verschiedene Anzeichen lassen Güldner die Frage aufwerfen, ob die Unabhängigkeit der Untersuchung wirklich gewährleistet ist. „Die Eltern und die Öffentlichkeit müssen sich darauf verlassen“, sagt der Innenpolitiker.
So hatte er den Innensenator gefragt, wie es denn sein kann, dass die Polizeipressestelle in ihrer ersten Pressemitteilung von einer leichten Verletzung am Außenspiegel und einen Armbruch reden konnte, obwohl es sich um eine schwere Kopfverletzung handelte, die für jeden Zeugen vor Ort offenkundig gewesen sein muss – der Junge war nicht ansprechbar. Der „aufnehmende Beamte“ habe etwas anderes gemeldet, hatte die Polizeipressestelle erklärt. Dass diese erste Information eventuell von einem der am Unfall beteiligten Beamten kam, ist bis heute nicht definitiv ausgeschlossen. Immerhin hatte der Beifahrer den reglosen Jungen trotz der Kopfverletzung hochgenommen und über die Straße getragen, um ihn auf dem Bürgersteig abzulegen, und in der Schocksituation die Lage offenbar deutlich unterschätzt.
Während der Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärt, die Vernehmungen der Unfall-Zeugen durch den Unfalldienst der Polizei würden „in Anwesenheit des zuständigen Staatsanwaltes“ passieren, berichten Zeugen, es sei kein Staatsanwalt dabei gewesen. Dies ist nicht unwichtig, da der vernehmende Beamte offenbar ein Kollege des am Unfall beteiligten Polizisten ist. Einem Zeugen des Unfalles hatte der vernehmende Beamte jedenfalls erzählt, er sei selbst früher in der Wache Horn tätig gewesen und habe als „Kollege“ mit dem Beifahrer zusammen gearbeitet. Dieser Beifahrer in dem Unfallfahrzeug habe zu Protokoll gegeben, der Polizeiwagen sei neben dem angefahrenen Jungen zum Stehen gekommen, habe offenbar scharf gebremst. Der Augenzeuge aber hat selbst gesehen, dass der Polizeiwagen „mindestens 20 Meter“ weiter gefahren sei und dann erst stehen blieb.
Über Geschwindigkeit und Bremsspuren soll ein KFZ-Gutachten Aufschluss geben, das noch in Arbeit ist. Offenbar ist der Junge mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geknallt. Der Arm ist keineswegs gebrochen.
Der sechsjährige Felix, der bei Grün auf der Fußgänger-Ampel die Straße überqueren wollte, kann inzwischen wieder schreiben, aber aufgrund der Kopfverletzungen immer noch nicht sprechen und aufgrund linksseitiger Lähmungen noch nicht laufen. K.W.
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