Ermittlungen nach Anzeige: Wurde Arafat ermordet?
In Frankreich ermittelt die Justiz acht Jahre nach Jassir Arafats Tod wegen Mordverdachts. Seine Witwe vermutet, dass er mit Polonium vergiftet wurde.
PARIS afp | Acht Jahre nach dem Tod von Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat die französische Justiz Ermittlungen wegen Mordverdachts eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft von Nanterre bei Paris reagierte damit am Dienstag auf eine Ende Juli eingereichte Anzeige von Arafats Witwe Suha gegen Unbekannt, wie die Nachrichtenagentur AFP aus informierten Kreisen erfuhr. Suha Arafat vermutet, dass ihr Mann mit Polonium vergiftet wurde.
Ein oder mehrere Untersuchungsrichter werden nun auf Antrag der Staatsanwaltschaft Nanterre in dem Fall ermitteln, sie sollen in Kürze ernannt werden. Die genaue Ursache von Arafats Tod ist bis heute unklar. Arafat war im Herbst 2004 in seinem Hauptquartier in Ramallah erkrankt.
Da sich sein Zustand schnell verschlechterte, wurde er in ein Militärkrankenhaus im Süden von Paris gebracht, wo er am 11. November 2004 starb. Die Palästinenser verdächtigen Israel seit Jahren, Arafat ermordet zu haben, was Israel zurückweist.
Anfang Juli berichtete der arabische Fernsehsender Al-Dschasira unter Berufung auf einen Schweizer Experten, Proben aus den persönlichen Sachen Arafats, die nach seinem Tod an seine Witwe übergeben worden waren, hätten eine erhebliche Konzentration des radioaktiven und hochgiftigen Stoffs Polonium aufgewiesen. Polonium war 2006 verwendet worden, um den früheren russischen Spion Alexander Litwinenko in London zu ermorden.
Schweizer Experten sollen Leichnam untersuchen
Als Reaktion auf den Medienbericht stimmte Suha Arafat einer Untersuchung des Leichnams ihres verstorbenen Mannes zu, Ende Juli erstattete sie gemeinsam mit ihrer Tochter in Nanterre Anzeige gegen Unbekannt.
Vergangenen Freitag gab das Schweizer Institut für Radiophysik am Universitätsklinikum von Lausanne bekannt, Experten der Klinik würden ins Westjordanland reisen, um Arafats dort bestatteten Leichnam zu obduzieren und nach Anzeichen für eine mögliche Polonium-Vergiftung zu suchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen