Ermittlungen beginnen: Anzeige gegen Asklepios

Nachspiel zum Ende der Sylter Geburtsklinik: Aktivistin will Haftung des Betreibers prüfen lassen – zwei Kinder starben, eins erlitt während der Geburt Schäden.

Hebamme mit Baby: Gegen Asklepios ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Bild: dpa

RENDSBURG taz | Im Jahr 2010 erlitt ein Kind während der Geburt Schäden, die zu einer Behinderung führten, 2011 und 2012 starb je ein Neugeborenes – diese Bilanz führte schließlich dazu, dass die Geburtsklinik auf Sylt geschlossen wurde. In der Kritik steht der Krankenhauskonzern Asklepios als Betreiber der Klinik: Bei einer Anhörung im Sozialausschuss des Landtags zum Ende der Sylter Klinik gab es aus allen Parteien scharfe Worte.

Nun hat Alexandra Bruns, die sich mit dem Verein „Geburt e.V.“ bereits in Eckernförde für den Erhalt der dortigen Geburtshilfestation eingesetzt hatte, bei der Staatsanwaltschaft Flensburg Anzeige gegen die Asklepios-Geschäftsleitung gestellt. Ihr Vorwurf: Der Betreiber habe die Situation zu lange geduldet und damit den Tod der Kinder mitverantwortet. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Das „Sterblichkeitsrisiko der Geburtshilfe auf Sylt lag in den vergangenen Jahren auf dem Niveau von Armenien oder Kasachstan“, wird in der mehrseitigen Anzeige ein Asklepios-Sprecher zitiert. Bruns wirft der Klinik vor, sie habe Standards der Geburtshilfe nicht erfüllt. Spätestens nach dem Unglück im Jahr 2010 „wäre die Klinik verpflichtet gewesen, den Standard zu erhöhen oder die Geburtshilfe zu schließen“, heißt es in der Anzeige. Da das nicht geschah, „ergibt sich möglicherweise auch eine Organisationsverantwortung für die Fälle aus 2011 und 2012“.

Asklepios werde „die Strafermittlungsbehörden voll unterstützen“, zitiert die Sylter Rundschau einen Konzernsprecher. Ein „strafrechtliches Versäumnis“ könne die Klinik aber nicht erkennen. Eigentlich, so der Sprecher, „bestätigt die Anzeige die Position der Klinik, dass es kein ’Weiter so‘ geben durfte und die Schließung richtig war“.

Aber dass Asklepios zu lange gezögert hatte und erst spät „die Katze aus dem Sack gelassen“ habe, warf unter anderem Anette Langner, Staatssekretärin im Kieler Gesundheitsministerium, dem Betreiber vor. Informationen seien nur „häppchenweise“ geflossen, auch über die schweren Zwischenfälle im Kreißsaal habe Asklepios erst im Dezember offen berichtet. Für das Ministerium sind denn auch keine Einzelpersonen wie Ärzte oder Hebammen schuld, sondern die Strukturen. So fehlten im Notfall Kinder- oder Anästhesie-Fachleute, die schnell hätten eingreifen können, hieß es bei der Anhörung im Landtag.

Aber das Ministerium sieht auch, dass es bei rund 90 Geburten pro Jahr nicht möglich ist, eine Station für alle denkbaren Fälle aufrechtzuerhalten: 5,5 Gynäkologen wären dafür notwendig. Zwar habe Asklepios einen unbefristeten Versorgungsauftrag, „in diesem Fall besteht jedoch keine Möglichkeit, den Klinikbetreiber zur Erfüllung der Planung zu zwingen, weil ein solcher Versuch mit einem nicht tragbaren medizinischen Risiko verbunden wäre“, teilte das Ministerium mit.

In der Anzeige ist aber ein Hinweis darauf zu finden, dass Asklepios auch an anderen Standorten Personal spart. So soll es laut Auskunft eines namentlich nicht genannten Zeugen auch in Hamburg im Dezember 2010 „eine unzulässige Unterbesetzung mit Ärzten“ gegeben haben – offenbar um Kosten zu reduzieren.

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