Erklärungsnotstand: Warum eigentlich...
... sollen Schülerinnen und Schüler nicht erst um zehn Uhr in Hamburgs Lehranstalten auftauchen? ■ Von Sandra Wilsdorf
Es nervt
Jetzt ist das so: Übermüdete SchülerInnen hängen über ihren Tischen, können sich nicht konzentrieren, nicken im Unterricht immer wieder ein, haben morgens nichts gefrühstückt, nicht geduscht und sind missgelaunt. LehrerInnen sind in Wirklichkeit WachhalterInnen, denn die Schule fängt einfach zu früh an. Es könnte nämlich auch so sein: SchülerInnen kommen ausgeschlafen, wohlgelaunt, frisch und wohlriechend, mit einem Frühstück im Bauch und dem Inhalt der Zeitung im Kopf zur Schule. Haben sie abends gefeiert, sind sie trotzdem ausgeschlafen. Wenn, ja wenn die Schule nur um 10 Uhr begänne.
Wie kommts?
So richtig ernsthaft ist in Hamburg noch nie darüber diskutiert worden, die Schule später als 8 Uhr anfangen zu lassen. Es war einfach immer so, und hat ja auch viele Vorteile. Beispielsweise passt 8 Uhr besser zu den Arbeitszeiten der Eltern. In Hessen hat ein Bildungsminister mit dem Zugeständnis an die Morgenmuffel mal einen Wahlkampf bestritten. Aber auch er ist für seinen Vorschlag, die Schule erst um 9 Uhr beginnen zu lassen, nur belächelt worden. Und schließlich kann früher gehen, wer früher kommt. 8 Uhr ist nach Auskunft der Schulbehörde die spätest mögliche Anfangszeit, wenn man es denn bei einer Halbtagsschule belassen will.
So gehts
In den USA heißen Jugendliche, die vor 9 Uhr zur Schule kommen „Early Birds“, und sie kommen freiwillig. Allerdings kommen sie auch erst am Nachmittag nach Hause. Auch in Frankreich beginnt die Schule erst nach dem Ausschlafen. Aber hier wie da gibt es Ganztagsschulen. Darüber wird in Deutschland erst seit kurzem und kontrovers diskutiert. Da sind die, die sie wegen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf begrüßen würden. Aber da sind die anderen, die dagegen protestieren, wenn die Schule ihre Lieblinge länger als unbedingt nötig von ihnen entfernt. In Hamburg gibt es bislang 32 offene Ganztagsschulen.
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