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Erinnerungen geweckt

■ Kriegsverbrecher–Prozeß in Israel eröffnet

Der gestern in Jerusalem eröffnete Prozeß gegen den mutmaßlichen Nazi–Kriegsverbrecher John Demjanuk zwingt Israel erneut zur Erinnerung an die Vergangenheit. Bis jetzt zeigt sich die israelische Öffentlichkeit nur wenig an dem Prozeß interessiert. Doch Radio– und Fernsehübertragungen werden dafür sorgen, daß auch die große Mehrheit der Israelis, die keine persönliche Erinnerung mit den Nazi–Verbrechen verbindet, tagtäglich den Kriegsverbrecher–Prozeß verfolgen werden. Er wird zum gigantischen Erziehungsprogramm. Das Verfahren gegen „Ivan den Schrecklichen“ ist der zweite Nazi–Kriegsverbrecher–Prozeß in Israel. Dennoch wird es keine zweite Auflage des Eichmann–Prozesses werden. Anders als bei diesem Bürokraten des Todes ist bei Demjanjuk bis heute nicht eindeutig geklärt, ob der Angeklagte mit dem Täter wirklich identisch ist. So hat es denn auch im Vorfeld des Prozesses nicht an Stimmen gefehlt, die vor einer Verurteilung aus emotionalen Gründen warnen - sehr zum Ärger der Regierung. Zum anderen fiel der Eichmann–Prozeß im Jahre 1965 in eine Zeit, als die Erinnerungen an die Nazi–Mörder noch frischer und dementsprechend die Zeugenausagen zahlreicher waren. Die Verantwortung der Richter bei diesem Prozeß ist groß. Nichts wäre schlimmer, als wenn eine nicht lupenreine Beweisaufnahme den alten und neuen Nazis neue „Argumente“ für ihre Unschuldslügen liefern würde. Sollte der letzte Beweis für die Schuld Demjanjuks fehlen, muß er freigesprochen werden. Das wäre im Lande der Überlebenden eine schwere Entscheidung. Klaus Hillenbrand

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