■ Skeptiker beschuldigen den Prophet der Außerirdischen:: Erich von Däniken hat geschummelt!
Göttingen (taz) – Die Frage, ob außerirdisches Leben existiert und ob fremde Zivilisationen in grauer Vorzeit der Erde möglicherweise einen oder mehrere Besuche abstatteten, konnte und wollte Edgar Wunder nicht beantworten. Klar sei für ihn lediglich, so der Heidelberger Soziologe am Donnerstag abend im Gemeindehaus der Albani-Kirche bei einer Vortragsveranstaltung der Göttinger Skeptiker, daß der Schweizer Schriftsteller Erich von Däniken die meisten seiner angeblichen Belege für eine frühere Anwesenheit ferner Raumfahrer manipuliert habe. Mit der „leicht nachweisbaren“ Schummelei habe Däniken, mit rund 55 Millionen verkauften Büchern einer der erfolgreichsten Autoren der Welt, sich und seiner präastronautischen Theorie einen „Bärendienst“ erwiesen, sagte Wunder. Die Göttinger Skeptiker, ein Zusammenschluß von Theologen und Naturwissenschaftlern, laden in regelmäßigen Abständen Fachleute ein, die gegen wissenschaftlich verbrämten Aberglauben zu Felde ziehen.
Dänikens in 25 Bänden immer wieder neu ausgebreitetes Ideengebäude läßt sich Wunder zufolge in einer einzigen These zusammenfassen: Intelligenzen von einem anderen Stern waren früher auf der Erde und erschufen während ihrer Anwesenheit den intelligenten Menschen. Ihre Besuche haben die Gäste aus dem All in überlieferten Mythen, in Bauwerken sowie durch Inschriften dokumentiert. Schon die Behauptung, der sich entwickelnde Mensch sapiens sei „ganz plötzlich“ intelligent geworden, könne durch den Blick „in jedes beliebige Werk über Ur- und Frühgeschichte widerlegt werden“.
Bereits vor 500.000 Jahren wurde der Knüppel entdeckt
So hätten der Homo sapiens und seine Vorläufer auf gar keinen Fall, wie von Däniken glauben machen will, vor 40.000 Jahren, sondern tatsächlich vor mehr als 500.000 Jahren den Knüppel als Waffe entdeckt.
„Simple Rechenfehler“ und „grenzenloses Hineinspekulieren von Sachverhalten in beliebige Zusammenhänge“ warf Edgar Wunder dem Schriftsteller bei der angeblichen Interpretation historischer Inschriften vor. „Däniken sucht sich irgendeine Zahl heraus, erfindet ein Rechensystem und andere Bezugsgrößen und kombiniert das mit irgendwelchen naturwissenschaftlichen Daten, die mit der gefundenen Schrift nicht das Geringste zu tun haben.“ Die Leser ließen sich leicht durch so viele, scheinbar überzeugende Zahlenspielereien beeindrucken.
Viele Leute wollten einfach glauben, was Däniken ihnen vorsetze, beantwortete Wunder Fragen aus dem Publikum nach den Gründen für Dänikens literarische Scharlatanerie. Besonders auffällig für die „Ufologie“ seien Umfragen zufolge übrigens Menschen, die sich selbst als gläubig oder religiös bezeichneten. „In vielen Religionen warten die Gläubigen auf den Propheten. Däniken ist so etwas wie ein Prophet. Jedoch nicht der Prophet Gottes, sondern der Prophet der Außerirdischen.“
Vor etwa drei Jahren habe Erich von Däniken übrigens einen bemerkenswerten theoretischen Schlenker gemacht, sagte Wunder. Nachdem er seit seinem ersten öffentlichen Auftritt im Jahr 1987 der auch von einigen seiner Jünger verbreiteten Ansicht entgegengetreten sei, die Außerirdischen weilten noch oder wieder unter den Menschen, stimme er jetzt in Vorträgen und Zeitschriftenaufsätzen genau dieser Meinung zu. Nicht zuletzt diese gedankliche Pirouette trage zur wissenschaftlichen Diskreditierung und Demontage des Schweizer Schriftstellers bei, ist sich Wunder sicher. Reimar Paul
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