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Eric forever!

■ 1. FC Saarbrücken — 1. FC Kaiserslautern 2:0/ Der Kalifornier Eric Wynalda schießt weiter Tore

Saarbrücken (taz) — Resigniert, den Blick ins Leere gerichtet, hielten sie sich kleinlaut an den Mannschaftskoffern fest und stahlen sich an den wartenden Journalisten vorbei, die geschlagenen Roten Teufel eine halbe Stunde nach dem deprimierenden 0:2 beim 1. FC Saarbrücken. Dabei hatte die Zukunft vor knapp drei Monaten noch Besseres verheißen. Kalli Feldkamp war zwar weg, aber durch den alerten Rainer Zobel ersetzt worden, und für die abgewanderten Uwe Scherr und Markus Kranz waren Michael Zeyer vom SC Freiburg udn Martin Wagner vom 1. FC Nürnberg auf den Betzenberg gekommen. Zudem gelang Manager Reiner Geye in Zusammenarbeit mit Ronnie Hellström ein besonderer Coup: der zweifache EM- Kopfballtorschütze der Schweden, Jan Eriksson, unterschrieb beim 1.FCK.

Doch jene, die die Pfälzer sowohl aus besseren als auch aus schlechteren Zeiten kennen, prophezeiten ob des mit 25 Spielern zu großen Kaders ergiebige Querelen. Das Unheil nahm seinen Anfang, als bei der Wahl des neuen Kapitäns Stefan Kuntz seinen Denkzettel bekam und fortan dem Spielerrat nicht mehr angehörte. Sein Nachfolger Wolfgang Funkel ist zwar anatomisch ein Riese, doch über den Rest breitet sich eisiges Schweigen. Und Demir Hotic, der harte Zocker im Mittelfeld, legte sich gleich mit dem neuen Trainer an, der ihn prompt auf die Tribüne verbannte.

Tom Dooley, der wohl abgeklärteste Lauterer, beging indes den wohl folgenschwersten Fehler seines Fußballerdaseins. Er vermochte es nicht, seinen US-Nationalmannschaftskollegen Eric Wynalda in die Pfalz zu locken. Doch da in Saarbrücken mit Peter Neururer ein besonders vorlautes Exemplar der Spezies Fußballehrer resdiert, das seine Nase gerade überall hineinsteckt, brauchte sich Tom Dooley um den wendigen Stürmer von den San Francisco Bay Blackhawks keine Sorgen zu machen. Flugs war der California-Boy, vierzigfacher US-Nationalspieler, an der Saar gelandet. Und mittlerweile hat er auch einen ordentlichen Vertrag, nachdem die Präsenz französischer und italienischer Spieleragenten das FCS-Präsidium beunruhigt hatte.

War es doch Eric Wynalda, der gegen den KSC zwei Tore erzielte, gegen Schalke 04 den Führungstreffer schoß und jetzt die ideenlosen Lauterer in die hinteren Tabellenregionen beförderte. Es war der erste Sieg des FCS im Ludwigspark gegen den FCK in Bundesligazeiten. Noch 1986 hatte es gegen die damals von Wolfram Wuttke dirigierten Pfälzer eine 0:6-Niederlage gegeben. „Wutti“, neu in Saarbrücken, war es diesmal weh ums Herz. Von Rücken- und Leistenbeschwerden geplagt, parkte er seine überflüssigen Pfunde auf der Zuschauerbank und war ebenso außer Dienst wie der von seinem betuchten Alten im schweizerischen Grenchen ausgelöste Stefan Beckenbauer.

Doch der 1. FCS, mit dem sicheren Stefan Brasas im Tor, einem umsichtigen Libero Michael Kostner und den in Mittelfeld und Angriff brillierenden Thomas Kristl und Eric Wynalda, überstand einige brenzlige Situationen ohne Schaden und kam nach einem Lattenköpfer von Wolfgang Funkel in der 64. Minute im Gegenzug zum 1:0 durch seinen Amerikaner. Als die Lauterer Abwehr erneut patzte, war das Spiel eine Viertelstunde vor Schluß entschieden, Wynalda schob freistehend den Ball an Ehrmann vorbei.

FCK-Trainer Zobel war hinterher ratlos, haderte mit Miroslaw Kadlec und Tom Dooley, die auf seine Zurufe von außen nicht gehört hätten, und der sonst stets lächelnde Präsident Norbert Thines machte sich käseweiß und mit Sorgenfalten im Gesicht auf zur Pressekonferenz. Nun droht den Roten Teufeln am kommenden Samstag in Leverkusen das frühzeitige Pokal-Aus, und die UEFA-Cup-Partien mit Fram Reykjavik am 15. und 30. September versprechen entgegen aller Prognosen zu einer überaus interessanten Sache zu werden. Günter Rohrbacher-List

1. FC Kaiserslautern: Ehrmann - Kadlec - Schäfer, Wagner - Roos, Zeyer, Funkel, Witeczek, Dooley (69. Vogel) - Marin, Kuntz

Zuschauer: 31.000; Tore: 1:0 Wynalda (64.), 2:0 Wynalda (75.)

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