■ Das Portrait: Eric Pétetin
„No pasarán“. Mit dem Schlachtruf der spanischen Republikaner, die gegen Francos Truppen kämpften, haben einige hundert Menschen Eric Pétetin am 21. August bei seiner Heimkehr ins Aspe-Tal begrüßt. Heute vereint dieser Ruf die Gegner des großen Straßenbauprojektes in den Pyrenäen. Für die Leute im Tal wie für die Justiz in Pau ist Pétetin der Rädelsführer in diesem Kampf, weil er als erster zum Widerstand aufgerufen hat. Vor zwei Jahren riß er – zusammen mit 30 anderen Tunnelgegnern – auf der zukünftigen Zufahrtsrampe die Stangen und Bänder der Vermesser weg. 48 Stunden später war er bereits zu zwei Wochen Gefängnis auf Bewährung verurteilt.
Bergführer und Tunnelbekämpfer Foto: Marie Pétetin
Insgesamt wurde er schon über 30mal vor Gericht zitiert und zu insgesamt 12 Bewährungsstrafen verurteilt. Im Juni beschloß das Gericht in Pau, alle Bewährungsstrafen zu Fall zu bringen: Es schickte ihn für 14 Monate in den Knast. Das Urteil löste landesweit Protest aus. Le Monde berichtete über die „unverhältnismäßige Repression der Justiz“, und der Canard Enchainé sprach vom „politischen Häftling“. Daraufhin sahen sich selbst die Tunnelbefürworter in der konservativen Regierung genötigt, Präsident Mitterrand um Begnadigung zu bitten, die auch prompt gewährt wurde und – sehr geschickt – einer Demonstration für seine Freilassung den Wind aus den Segeln nahm.
Pétetin war vor 20 Jahren als Kriegsdienstverweigerer in das Aspe-Tal gekommen. Seither lebt er dort als Bergführer und Hüttenwirt. Eine Freundin bezeichnet ihn als „bunten Vogel“. Der heute 40jährige stammt aus einer bürgerlichen Familie in Bordeaux, wo er eine Jesuitenschule besucht hatte. Seine politikwissenschaftliche Diplomarbeit schrieb er über einen Jesuitenpater, der in den Pyrenäen den Widerstand gegen die Nazi-Besatzer organisiert hatte. Nach seiner Begnadigung forderte Pétetin die Tunnelgegner auf, in ganz Frankreich „Somport- Comités“ zu gründen, nach dem Modell der „Larzac-Comités“, denen es in den 70er Jahren gelungen war, die Vergrößerung des Militärlagers zu verhindern. Sobald der Staat den „öffentlichen Nutzen“ des Somport-Tunnels erklärt hat, will Pétetin erneut zum aktiven Widerstand mobilisieren. Heute glaubt kaum jemand, daß er das Bauwerk noch verhindern kann. Bettina Kaps
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