Erhöhung der Zuverdienstgrenzen: Mehr übrig für Hartz-IV-Empfänger
Die Koalition hat sich auf höhere Zuverdienstgrenzen für Bezieher von Arbeitslosengeld geeinigt. Nur eine kleine Gruppe profitiert davon. Wirtschaftsexperten sind kritisch.
BERLIN dpa/afp/dapd/reuters | Eine Arbeitsgruppe der Koalition hat sich in der Nacht darauf verständigt, dass für erwerbstätige Hartz-IV-Bezieher von einem Zuverdienst mehr übrig bleiben soll. Die neuen Grenzen bringen für den Großteil der fast 1,4 Millionen Aufstocker allerdings keine Änderung. Denn es profitieren nur die Hartz-IV-Bezieher, die mehr als 800 Euro im Monat verdienen. Für sie bleiben unter dem Strich bis zu 20 Euro mehr vom Zuverdienst übrig als bisher.
Verdienste aus einem Job wurden bislang in drei Stufen mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet. Hartz-IV-Empfänger konnten die ersten 100 Euro komplett behalten. Einkommen bis 800 Euro brutto wurden zu 80 Prozent vom Arbeitlosengeld II abgezogen und Löhne über 800 Euro zu 90 Prozent. Die neuen Grenzen sehen nun vor, dass auch zwischen 800 und 1.000 von jedem Euro künftig 80 Prozent abgezogen werden. Bei über 1.000 Euro hinausgehenden Einkommen bleibt es entgegen ersten Angaben bei einem Freibetrag von zehn Prozent, der bis 1200 Euro gilt und für Erwerbstätige mit Kindern bis 1.500 Euro.
"Das ist weniger als die FDP wollte, aber angesichts der Haushaltslage ein Schritt in die richtige Richtung", sagte der FDP-Politiker Johannes Vogel. Die von der Koalition vereinbarte Neuregelung der Hartz-IV-Zusatzjobs wird die öffentlichen Kassen nach CSU-Angaben etwa 200 Millionen Euro kosten. 2012 will die Koalition die Zuverdienstregelungen dann noch einmal grundsätzlich angehen. Auf eine entsprechende Prüfklausel hatte sich die Spitzenrunde der Generalsekretäre von CDU, CSU und FDP mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verständigt. Ursprünglich wollte die Koalition höhere Zuverdienste stärker entlasten. Nach Berechnungen von Forschungsinstituten hätte dies aber Mehrausgaben in Milliardenhöhe bedeutet.
Wirtschaftsexperten sehen die Pläne von Union und FDP zum Hinzuverdienst bei Hartz IV indes kritisch. Das Institut der deutschen Wirtschaft erklärte am Freitag in Köln, die Reform verfehle "meilenweit das Ziel". Nach Angaben der Ökonomen lohnen sich von daher vor allem Nebenjobs: 57 Prozent der Hartz-Aufstocker machen demnach einen Mini-Job, 17 Prozent nutzen den Freibetrag aus und verdienen 100 Euro im Monat. Die bestehende "Schieflage" werde durch die Reform nicht beseitigt, resümierte das Institut. Die Experten forderten vielmehr, den die Anrechnung des Verdienstes bei geringen Löhnen zu erhöhen und für höhere Einkommen höhere Freibeträge einzuführen. Damit würde der Anreiz gestärkt, statt eines Mini-Jobs eine Vollzeitbeschäftigung aufzunehmen.
Beschlossen werden soll die Neuregelung mit dem Gesetz zur Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze, das am 20. Oktober das Kabinett passieren soll. Eine Befassung des Koalitionsausschusses am 16. Oktober sei nach der Einigung in der Nacht nicht mehr nötig, hieß es aus der Koalition.
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