Ergebnis der Bundestagswahl 2017: Die AfD ist stark, Merkel regiert weiter
Die Rechtspopulisten werden zweistellig. Union und SPD verlieren stark, Grüne legen leicht zu, die Linke stagniert. Die FDP zieht wieder in den Bundestag ein.
Nach den Hochrechnungen kommt die Union auf rund 32,8 Prozent und verliert damit mehr als 8 Prozentpunkte. CDU und CSU werden allerdings weiterhin die mit Abstand stärkste Fraktion im Bundestag stellen können. Somit hat Angela Merkel trotz der heftigen Einbußen beste Aussichten, Bundeskanzlerin zu bleiben. „Wir haben den Auftrag, eine Regierung zu bilden“, sagte Merkel.
Rechnerisch und grundsätzlich politisch möglich wäre eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD oder auch ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP, was als die wahrscheinlichste Variante gilt.
Mit 20,8 Prozent fuhr die SPD ein nicht minder katastrophales Ergebnis ein. Ihr Spitzenkandidat Martin Schulz war Ende Januar mit dem Anspruch auf die Kanzlerschaft gestartet. Seine Partei trete an, „die stärkste politische Kraft in unserem Land zu werden“, verkündete er damals.
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AfD und FDP sind Gewinnerinnen
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Aber zu mehr als einem kurzfristigen Umfragehoch im Frühjahr reichte es nicht. Jetzt haben die Wählerinnen und Wähler der SPD das schlechteste Ergebnis der bundesdeutschen Geschichte beschert. Am Wahlabend kündigte Martin Schulz an, seine Partei nun in der Opposition neu aufzustellen.
Große Wahlgewinnerin ist die AfD. 2013 noch knapp an der Fünfprozenthürde gescheitert, kann die rechtspopulistische Partei jetzt mit 13,1 Prozent in den Bundestag einziehen. Damit sitzt erstmals seit dem Ausscheiden der Deutschen Partei 1961 wieder eine völkisch-nationalistische Partei im deutschen Parlament.
Mit einem extrem aggressiv geführten Wahlkampf, garniert mit rechtsradikalen Tabuverletzungen und angeschoben von einer millionenschweren Kampagnenhilfe aus dubiosen Quellen ist es den SpitzenkandidatInnen Alice Weidel und Alexander Gauland gelungen, die AfD zur drittstärksten Kraft zu machen.
Die FDP ist die zweite Wahlgewinnerin. Mit einer ganz auf den Parteivorsitzenden Christian Lindner zugeschnittenen Wahlkampagne ist es den Liberalen gelungen, nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition in den Bundestag zurückzukehren. Mit 10,3 Prozent kann die Partei zwar ihr Ergebnis in etwa verdoppeln, Lindner kann jedoch nicht an das Rekordergebnis Guido Westerwelles von 2009 anknüpfen, als die Liberalen 14,6 Prozent holten.
Ernüchterung für Linke und Grüne
Keinen Anlass zum Jubel hat die Linkspartei. Mit 9,0 Prozent kann sie ihr Ergebnis von 2013 nicht signifikant verbessern. Die Folge: Künftig wird die Linkspartei nicht mehr die Opposition anführen, sondern nur noch die kleinste Fraktion im Bundestag stellen.
Damit können die SpitzenkandidatInnen Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch nicht an die guten Ergebnisse des Erfolgsduos Gregor Gysi und Oskar Lafontaine anknüpfen – und das, obwohl ihnen die Aussichtslosigkeit eines Regierungswechsels unangenehme Flügelauseinandersetzungen ersparte, wie es die Partei mit der SPD und den Grünen halten soll.
Ernüchternd fiel auch das Wahlergebnis der Grünen aus. Dabei waren sie Anfang des Jahres äußerst hoffnungsfroh in die Wahlauseinandersetzung gestartet. Vor vier Jahren hatte noch eine unappetitliche Pädophiliedebatte ihr Wahlergebnis verhagelt, viele Grüne führten das schlechte Abschneiden auch auf vermeintlich zu ambitionierte Steuerpläne und den linksgrünen Frontmann Jürgen Trittin zurück. Mit den Mitte Januar per Urwahl gekürten SpitzenkandidatInnen Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt sollte diesmal alles besser werden.
Doch das ist dem „anatolischen Schwaben“ und der „bürgerlichen Ostdeutschen“ vom Realo-Flügel nur begrenzt gelungen – auch wenn sie sich bis zum Schluss unerschütterlich optimistisch zeigten. Trotz seit Monaten bescheidener Umfragewerte gab sich Göring-Eckardt noch am Donnerstag in der letzten Diskussionsrunde von ARD und ZDF vor der Wahl zuversichtlich, dass ihre Partei „locker zweistellig und dritte Kraft“ werden würde.
Es ist anders gekommen: Mit 9,1 Prozent konnten sich die Grünen nur leicht verbessern. Am Wahlabend kündigte Göring-Eckardt gleichwohl an, dass ihre Partei nun Regierungsverantwortung übernehmen wolle.
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