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Erfolgsrezept

■ Nicaraguas Verfassung zwischen Pluralismus und Notstand

Die Argumente derer, die in Nicaragua den „totalitären Staat“ beschwören, sind schwächer geworden. Mit der Verfassung, die jetzt von einer 84–prozentigen Mehrheit der Nationalversammlung (die Sandinisten selber verfügen über 63 Prozent) verabschiedet worden ist, läßt sich schwerlich eine Staatspartei nach kubanischem Muster etablieren. Auf die wiederholten Drohungen der Oppositionsparteien, die Verabschiedung zu boykottieren, hat die regierende FSLN am Schluß mit Zugeständnissen reagiert. Das bedeutendste: Die noch im Vorentwurf übermächtige Stellung des Staatspräsidenten wurde relativiert, das Parlament beschließt weiter über den Staatshaushalt. Allerdings, die Demonstrationen der außerparlamentarischen Opposition am Wochenende zeigen die Grenzen des innenpolitischen Konsenses. Die Proteste als solche verwundern kaum, ist doch die neue Verfassung eine Mischung aus Präsidialsystem nach US–Muster, revolutionären Absichtserklärungen und Notstandsverfassung. (Bürgerrechte wie die Pressefreiheit bleiben auch unter der neuen Verfassung wegen des Krieges suspendiert). Was die Sandinisten in einem zweijährigen Tauziehen mit den verschiedenen Teilen der Opposition erfolgreich über die Runden gebracht haben, ist weder Totalitarismus noch Demokratie. Die Mischverfassung entspricht vielmehr dem langjährigen Erfolgsrezept, mit dem die 1979 siegreiche Guerilla ihre „Avantgarderolle“ bis heute aufrechterhält: ihrer pragmatischen Kombination von Flexibilität und Härte in der Innenpolitik. Sie hat ihr bislang erlaubt, gegenüber der Contra kompromißlos zu bleiben. Die Weigerung der Sandinisten, mit dieser Contra zu verhandeln, ist jedenfalls durch die breite Parlamentsmehrheit für die neue Verfassung gestärkt worden. Michael Rediske

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