Ich denke, dass man einige Aspekte näher betrachten muss.
Die Argumentation, dass Frauen bestimmter Schichten (nämlich die aus sozial abgesicherten Verhältnissen bzw. die mit einer relativ hohen sozialen Rangordnung) ihr »Beuteschema« ändern sollten, um verlässliche Familienpartner zu finden, scheint auf den ersten Blick eine attraktive Möglichkeit zu sein, um sich aus diesem Schlamassel »Geschlechterkrieg« herauszuwinden. Abgesehen von der martialischen Umschreibung »Beuteschema«, die weit entfernt ist von dem, was uns an einem anderen Menschen interessieren sollte, muss eine solche Theorie natürlich auch Fragen aushalten, die ihre Belastbarkeit belegen. Das ist jedoch unter verschiedenen Gesichtspunkten anzuzweifeln. Die Häufigkeit z.B., auf »höhergestellte, gutsituierte« Frauen zu treffen, ist für Männer, die in der Rangordnung weiter unten agieren (damit verbinde ich keinerlei Bewertung) mehr als unwahrscheinlich. Die Zahlen - darüber jammern die Femis selber - geben es jedenfalls nicht her, dass soviele Frauen inzwischen auf der Karriereleiter nach oben gestiegen sind, dass sie einen signifikanten Effekt oder ein substanzielles Problem im Bereich Partnersuche produzieren. Das Problem, »Mr. Right« zu finden, haben nämlich nicht nur diese Frauen. Die Suche nach dem Partner, der alle positiven Eigenschaften in sich vereint, ist für sich betrachtet so grotesk, dass sogar Femis sich dessen bewusst sind - zumindest rational.
Wenn man also ganz allgemein Frauen anrät, sich auch mal nach finanziell weniger potenten Männern als mögliche Väter umzusehen, bedient man damit die Problemstellung, die eine relativ kleine Gruppe im Sozialgefüge betrifft, mehr nicht. Man mag das aus ideologischer Sicht damit begründen, dass all die »normal situierten« Frauen eben das falsche Bewusstsein für das angeblich richtige (»dekonstruierte«) Rollenverhalten haben, aber das ist im Grunde wie das Pfeifen im Walde; ist ein Versteckspiel vor dem gesamten Ausmaß an Irritation, Argwohn, Ausnutzung und Misstrauen, das heutige Geschlechterkonstellationen - zumindest, wenn man die öffentlichen Diskussionen verfolgt - charakterisiert. Auf privater Ebene sieht es nochmal differenzierter aus; es vermischen sich neumodische Theorien mit althergebrachten und simplen Sehnsüchten, wie sie jeder Mensch hat. Hier sind nochmal weitaus subtilere Mechanismen am Werk, als man das öffentlich diskutieren kann und will. Und viele der öffentlich gehandelten Erklärungsmuster passen auch einfach nicht in dem Maß, wie es sich bestimmte Geschlechterforscher wünschen mögen. Das muss jede Partnerschaft unter sich ausmachen und es bedeutet Arbeit; universell gültige Aussagen sind Augenwischerei.
Ich habe bei all dem ein rein gedankliches Problem. Denn ich gehe davon aus, dass die Partnerwahl i.S.v. »attraktive Frau sucht versorgungsfähigen Partner« eine extrem lange Tradition hat; dass sie nicht nur beim Menschen anzutreffen ist und dass sie aus diesen historisch-evolutionären Gründen nicht missachtet werden kann; allgemein und individuell gesehen. Der oder die moderne Partnersuchende steht also trotz Hirnforschung, Molekularbiologie, Genetik und was es sonst noch an Grundlagenforschung über das menschliche Wesen geben mag, noch eine ganze Weile (ich meine Jahrhunderte, Jahrtausende) vor dem Problem, dass sich bestimmte Kriterien der Partnerwahl nicht so leicht aus der Welt schaffen lassen. Und gerade die Dribbusch offenbart sich hier mal wieder als das moderne Geheuchel in persona: »Die emotionale Versorgung von Frauen... blabla« und »Frauen, die nicht ausreichend umworben werden... laberlaber« usw. Das ist nur die neu verpackte, extrem reaktionäre Geisteshaltung, die mich persönlich an bestimmten Frauen so überaus gründlich abstößt: Prinzessinnengeplapper. Als wäre das schicke, ausstaffierte Erscheinen im optischen Scan eines Mannes schon ein Verdienst an sich; als wären nicht noch weitaus mehr Komponenten vonnöten, um sowas wie die Seele des Wunschpartners zu erreichen. Die Phantasielosigkeit, die Gleichförmigkeit, die Stereotypen, mit denen sehnsüchtige Frauen hier agieren, ist eines meiner persönlich größten Ärgernisse; etwa so: »Ich hab hier die Titten und deshalb machst du mal jetzt meinen persönlichen Entertainer«, um es krass zu formulieren. Dribbusch sagt dazu »Gefühlsökonomie«. Das ist das Gleiche, wenn nicht sogar dasselbe. Wahrscheinlich hat sie mit »Ökonomie« den Kern getroffen, ohne es beabsichtigt zu haben.
Wie ich neulich einer sehr nahen Freundin sagte: »Von allem, was mir eine Frau an Vorzügen anbietet, ist die optische Attraktivität das, was am schnellsten vergeht (was mir auch am schnellsten langweilig wird)«. Die ungeschlossene Zahnpastatube, die Socken auf dem Esstisch (da bin ich Fachmann) oder die Haare im Ausguss sind schneller Tagesordnungspunkt, als einem manchmal lieb sein kann. Es kann und darf aber einfach nicht sein, dass man die Seele eines Wunschpartners verbiegen will, um sich in der Illusion eines Hollywood-artigen Märchens zu wähnen. So ein Blödsinn. Will man einen dressierten Trottel oder will man jemanden, mit dem man durch Dick und Dünn gehen kann? Eben. Klar, über vergessene Socken u.a. kann man sich unterhalten, aber ich schwöre bei allem, was mir lieb und teuer ist, dass sich Männer und Frauen in dieser Hinsicht nichts, gar nichts schenken. Heutzutage ist jedoch das Verlangen nach glattgeschliffenen Trotteln, die man per Monolog durch die Alltagswelt dirigieren kann, anscheinend für diese speziellen Prinzessinnen extrem attraktiv. Ich nenne das respektlos und in höchstem Maße dämlich (hat nämlich ziemlich genau die Halbwertzeit von Seifenopern). Es offenbart eine Geisteshaltung, die nicht nur den Partner diskreditiert, sondern noch viel mehr den Verursacher, genauer: die Verursacherin.
Mir ist natürlich bewusst, dass es einen Widerspruch gibt, wenn ich behaupte, das Suchen nach männlichen Versorgern sei ein schwer zu eliminierendes, historisch bedingtes Phänomen und wenn ich demgegenüber »das Prinzessinnengelaber« (und vice versa die typisch männlichen, heldenhaften Gegenreaktionen) als naivste Ausdrucksform eben dieser Sehnsucht ablehne. Manche bringen diesen Widerspruch damit zur Auflösung, dass sie die »gute, alte Zeit« wiedereinsetzen wollen, in der die Geschlechterverhältnisse - aus heutiger, irritierter Sicht - anscheinend geregelt waren. Dem kann ich nicht folgen und zwar aus guten Gründen. Das, was wir heutzutage an Irritationen zwischen den Geschlechtern haben, ist nicht einfach eine Erfindung der 68er oder eine Marotte irgendwelcher Wirrköpfe; auch wenn ich »68er« und »Verwirrung« öfter eng beieinander sehe. Die »gute, alte Geschlechterzeit« selbst war maßgeblich Ursache für die heutigen Entwicklungen. Es würde indes zu weit führen, das alles historisch hier nachzuvollziehen; ich verschiebe das auf unbestimmte Zeit. Den aktuell interessantesten Gedanken daran finde ich, ob es stimmt, dass Emanzipation auch deshalb aufkam, weil gesellschaftlicher Fortschritt inzwischen auf »technischen Fortschritt« reduziert worden ist und Frauen hier traditionell rein zahlenmäßig wenig Anteil haben. In so einer Situation würde ich mir auch nicht gefallen lassen, als schickes Anhängsel der kulturellen Entwicklung angesehen zu werden. Diesen Gedanken dürfen sich manche aus den Geschlechterforen durchaus auch mal zu Herzen nehmen, finde ich.
Allen, die bis hierhin durchgehalten haben, meinen Respekt. Manche Dinge lassen sich halt nicht mit wenigen Worten beschreiben. Es hängt ja auch immer Herzblut dran an diesem Thema. Kennt ihr sicher. Für eure Geduld noch ein kleines Dankeschön, während hier die Morgendämmerung langsam aufzieht.
Gute Stadt
Nachtmensch
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren