Erfolg für RSF-Miliz in Sudan: Die Eroberung von Nyala
Sudans aufständische Miliz RSF erobert die größte Stadt in Darfur. Sie setzt damit ein Zeichen parallel zu neuen Gesprächen in Saudi-Arabien.
Sudans Armee sei wegen Mangel an Nachschub gezwungen gewesen, die Militärbasis von Nyala zu räumen, erklärte ein Armeesprecher am Samstag. Die RSF hatte bereits am Donnerstag verkündet, ihre Kämpfer hätten die Militärbasis mit dem Hauptquartier der 16. sudanesischen Infanteriedivision übernommen. Man habe in dreitägigen schweren Kämpfen über 2000 Regierungssoldaten getötet und große Rüstungsbestände erbeutet.
Nyala ist seit Monaten ein Fokus der RSF-Versuche, die komplette Kontrolle über Sudans Westregion Darfur zu erringen, in der vor zwanzig Jahren die RSF-Vorläufermiliz Janjaweed im Regierungsauftrage brutale Kriegsverbrechen bei der Niederschlagung von Aufständen begangen hatte. Seit es der RSF im April nicht gelang, die Macht in Sudans Hauptstadt Khartum zu ergreifen, hat sie ihre militärischen Aktivitäten zunehmend nach Darfur verlagert, wobei auch in Khartum schwere Kämpfe weitergehen. RSF-Führer Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hametti, stammt aus einer Händlerfamilie in Nyala. Sein Sohn und RSF-Vizekommandeur Abdulrahim Daglo soll jetzt die Einnahme Nyalas angeführt haben.
Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten in Nyala blutige Angriffe beider Seiten auf die Zivilbevölkerung. Aktuelle Fotos und Videos aus Nyala legen nahe, dass die Stadt jetzt schwer verwüstet ist. Ein am Samstag verbreiteter Augenzeugenbericht aus Nyala spricht von Tötungen: “Die Lage ist desaströs, die RSF erschießt Bürger. Manche konnten fliehen, andere stecken in Nyala fest, sie haben zuwenig Geld für die Flucht.“ Nach einem Bericht der Webseite Sudan Tribune hat Adelrahim Daglo die Polizei der Stadt zur Zusammenarbeit angewiesen und den Schutz von Zivilisten versprochen.
Neue Nachschubroute für die RSF
Mit der Einnahme von Nyala übernimmt die RSF eine der größten Städte Sudans, wichtigster Handelsknotenpunkt und Militärstützpunkt im Westen des Landes mit einem strategisch günstig gelegenen internationalen Flughafen unweit der Grenzen zu Südsudan, Tschad und der Zentralafrikanischen Republik.
So kann die Miliz in Zukunft voraussichtlich leichter Militärhilfe aus dem Ausland entgegennehmen, etwa aus Russland über die in Libyen basierten russischen Wagner-Kämpfer oder aus den Vereinigten Arabischen Emiraten über Tschad. Nach Recherchen der New York Times gelangen Rüstungsgüter aus den Emiraten seit Monaten über den tschadischen Flughafen Amdjarass an die RSF in Darfur. Offiziell helfen die Emirate Tschad mit Militärfahrzeugen zur Grenzkontrolle und Hilfe für Darfur-Flüchtlinge.
Der RSF-Durchbruch erfolgte zeitgleich mit der Perspektive einer Wiederaufnahme der im Juni erfolglos abgebrochenen Verhandlungen zwischen Sudans Armee und RSF in der Hafenstadt Dschiddah in Saudi-Arabien. Am Mittwoch abend hatten beide Seite ihre Bereitschaft zu neuen Gesprächen unter saudischer und US-amerikanischer Ägide erklärt und am Donnerstag gab es erste Kontakte. Auch afrikanische Vermittler nehmen teil.
Ergebnisse liegen noch nicht vor, aber es soll wie beim letzten Mal um eine humanitäre Waffenruhe und ungehinderte humanitäre Hilfe gehen. Nach UN-Angaben erleidet Sudan mittlerweile die dramatischste Flüchtlingskrise der Welt, mit rund 1,2 Millionen Flüchtlingen außerhalb des Landes und 5,6 Millionen Binnenvertriebenen und einem fast vollständigen Zusammenbruch jeglicher medizinischen Versorgung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus