Erfassung von Arbeitnehmerdaten: "Elena" hat immer weniger Freunde

Nach Datenschützern und Gewerkschaften äußern nun auch Arbeitgeber Bedenken gegen die zentrale Erfassung von Arbeitnehmer-Daten - aus praktischen Motiven.

"Elena" weiß alles: Arbeiter in Nürnberg. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Kritik an dem neuen zentralen Datenerfassungssystem "Elena" wächst. Nachdem zuerst Datenschützer und Gewerkschaften, Linkspartei, Grüne und FDP teilweise massive Bedenken gegen Elena angemeldet hatten, sind nun auch die Arbeitgeber skeptisch - allerdings aus praktischen, nicht aus datenschutzrechtlichen Motiven. Der Aufwand für die Arbeitgeber sei viel zu hoch, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Alexander Gunkel, dem Berliner Tagesspiegel. Das im bundesweiten Erfassungssystem für Arbeitnehmerdaten steckende Potenzial zum Bürokratieabbau werde "leider nur rudimentär genutzt".

Seit Beginn des Jahres müssen alle Firmen Daten über Einkommen und Beschäftigungsdauer ihrer Mitarbeiter an eine zentrale Speicherstelle bei der Deutschen Rentenversicherung melden. Durch den Elektronischen Entgeltnachweis, abgekürzt Elena, sollen Anträge auf staatliche Leistungen wie Kinder-, Eltern- oder Arbeitslosengeld schneller bearbeitet werden. Ab 2012 sollen die Sozialbehörden auf Basis dieser Daten Leistungen auszahlen oder verweigern. Betroffen sind davon in Deutschland bis zu 40 Millionen Beschäftigte.

"Es wäre besser gewesen, wenn man die elektronische Erfassung gleich auf mehr Bescheinigungen ausgeweitet hätte", sagte Gunkel. Der BDA-Vize betonte zugleich, dass auch die Arbeitgeber an einer Verringerung der vorgeschriebenen Datenweitergabe interessiert seien. "Wir wollen so wenig Daten wie möglich liefern", sagte Gunkel. Allerdings müssten Kritiker sagen, welche Daten wegfallen könnten. Die Sorge vor einem möglichen Datenmissbrauch teilt Gunkel nicht. Dafür gebe es bislang keine Belege. Es sei gesetzlich festgelegt, dass ein Zugriff auf die Arbeitnehmerdaten nur mit Zustimmung der Betroffenen erfolgen dürfe.

Das sehen Kritiker wie der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar anders. Es würden in Elena Unmengen von Daten gesammelt, deren Volumen in keinem Verhältnis zum Nutzen ständen, so Schaar.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat Bedenken gegen Elena. "Ein ursprünglich sinnvolles Projekt wird durch eine aberwitzige Datensammelwut ins absolute Gegenteil verkehrt", sagte Ver.di-Chef Frank Bsirske. Ver.di prüfe "sämtliche Klagemöglichkeiten gegen diesen Datenkatalog". Sinn ergebe Elena, wenn Beschäftigte nicht mehr bei ihrem Arbeitgeber vorstellig werden müssten, weil sie etwa Wohngeld beantragen wollten. Das gehe den Chef nichts an. Aber inzwischen umfasse die Liste der zu meldenden Daten ganze 41 Seiten, darunter Angaben zu Kündigungen, Abmahnungen und Entlassungsgründen. "Das hebelt jeden Persönlichkeitsschutz aus und ist inakzeptabel", betonte Bsirske. Besonders beunruhigte die Gewerkschaften, dass die Daten auch verraten, wann ein Arbeitnehmer legal oder illegal gestreikt hat.

Das Bundesarbeitsministerium versucht, diese Befürchtungen zu dämpfen. Ein Sprecher des Ministeriums versicherte, der Datenfragebogen werde in Kürze überarbeitet. Eine direkte Zuordnung von Streiktagen eines Beschäftigten soll dabei unmöglich gemacht werden.

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