: Erdrutsch in Bremer Ärztekammer
■ Alternative „Liste Gesundheit“ kam bei den Kammerwahlen auf Anhieb auf 36 Prozent / Schlappe für den Kammerpräsidenten Karsten Vilmar / Mehrheitsverhältnisse reichen zur Wiederwahl des Präsidenten
Von Holger Bruns–Kösters
Bremen (taz) - Frischer Wind weht zukünftig in der Ärztekammer des Landes Bremen. Die „Liste Gesundheit“, ein Zusammschluß gewerkschaftlich, friedens– und frauenpolitisch engagierter ÄrztInnen, erhielt bei den Kammerwahlen auf Anhieb 36,5 Prozent. Die anderen drei Listen, die sich im Programm kaum voneinander unterscheiden, schafften zusammen lediglich 63,5 Prozent. Lautstark hatte die Bremer Ärztekammer im vergangenen Jahr gegen die Einführung eines Listenwahlrechtes protestiert. Und vehement polemisierten die alteingesessenen Standesvertreter im Wahlkampf zur Ärztekammer gegen die „Liste Gesundheit“. Doch die Stimmungsmache gegen die sogenannte „rot–grüne Frak tionsbildung“ und „Ideologisierung der Ärzteschaft“ zeigte offenbar keine Wirkung. Zukünftig werden elf alternative ÄrztInnen 20 VertreterInnen von Marburger Bund, Bund der Praktischen Ärzte und Hartmannbund gegenübersitzen. Gine Elsner, Kandidatin auf der „Liste Gesundheit“, glaubt daß ein Großteil der Stimmen aus dem Lager der angestellten ÄrztInnen komme. Der Marburger Bund, der sich als Interessenvertretung dieses Teils der Ärzteschaft versteht, habe unter der Leitung von Vilmar „fürchterlich abgewirtschaftet“. Eine Einschätzung, die durch das Wahlergebnis bestätigt wird: Lediglich fünf Sitze erhielt die vom Kammerpräsidenten Vilmar geführte Liste der „Angestellten und beamteten Ärzte“. Vilmar ist in Personalunion auch Präsident der Bundesärztekammer. Auch der Listenerste der „Freien Bremischen Ärzteschaft“ (5 Sitze), der Allgemeinmediziner Heinrich Eitmann, zeigte sich von dem schwachen Ergebnis der Vilmar–Liste überrascht. Trotzdem hält er den bisherigen Kammerchef auch für den geeignetsten Nachfolger. Da Hans Prevot, Listenführer der dem Hartmannbund nahestehenden „Bremer Ärzteschaft“ (6 Sitze), Vilmar schon vor den Wahlen bescheinigt hatte, hervorragende Arbeit geleistet zu haben, steht einer Verlängerung der zwölfjährigen Präsidentschaft kaum etwas im Wege. Karsten Vilmar sprach von „verleumderischen Argumenten“, mit denen die Liste Gesundheit gegen ihn und den Marburger Bund Wahlkampf gemacht habe. Ob der stärksten Fraktion zukünftig ein Sitz im fünfköpfigen Vorstand eingeräumt wird, wußte er nicht zu sagen. tazintern
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