Erdogan in Berlin: Korruption? Ach was
Mit markigen Worten wirbt Ministerpräsident Tayyip Erdogan in Deutschland um Zustimmung seiner Landsleute. Sein Image als Staatenlenker ist aber angekratzt.
BERLIN dpa | Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat in Berlin um Wählerstimmen geworben und Vorwürfe der Korruption in der Verwaltung seines Landes zurückgewiesen. „Endlich könnt ihr auch hier wählen“, sagte der islamisch-konservative Politiker am Dienstagabend vor etwa 4000 überwiegend türkischen Zuhörern im Berliner Veranstaltungszentrum Tempodrom. Zugleich bestritt er Vorwürfe der Korruption.
„Verbreite Unterstellungen. Wenn sie nicht hängen bleiben, hinterlassen sie zumindest eine Spur“ – das sei das Motto seiner Kritiker, sagte Erdogan. Zuletzt hatte das Vorgehen der türkischen Regierung gegen Polizei und Justiz Kritik der EU ausgelöst. Hunderte Polizisten und Staatsanwälte, die wegen Korruptionsvorwürfen gegen regierungsnahe Kreise ermittelt hatten, waren zwangsversetzt worden.
Er wisse, dass die in Deutschland lebenden Türken die Ereignisse in ihrem Heimatland verfolgen, sagte Erdogan. Aber er könne ihnen versichern: „In der Türkei herrscht Sicherheit.“ Auf die stockenden EU-Beitrittsverhandlungen ging Erdogan nur am Rande ein. Stattdessen bemühte er sich um Werbung in eigener Sache.
Wirtschaftlicher Fortschritt
Sich selbst und seine Regierung pries er für den wirtschaftlichen Fortschritt in der Türkei. Der Ministerpräsident verwies etwa auf große Bauprojekte. „Davon hätten die nicht einmal zu träumen gewagt“, sagte er in Richtung Opposition. Seine Regierung habe die Folter abgeschafft, das Schul- und Gesundheitswesen verbessert. „Ich kann mich an Zeiten erinnern, als wir uns keine Medikamente leisten konnten“, sagte er.
Deutlich wurde: Erdogans Berlin-Besuch diente nicht allein der Beziehungspflege, sondern auch dem Wahlkampf. Der Auftritt am Abend stand unter dem Motto: „Berlin trifft den großen Meister“.
Fast drei Millionen Menschen in Deutschland haben türkische Wurzeln. Nach Angaben der Türkischen Gemeinde in Deutschland können davon bis zu eineinhalb Millionen wählen, wenn im August zum ersten Mal der türkische Staatspräsident direkt vom Volk bestimmt wird. Diese Wähler will Erdogan mobilisieren - denn möglicherweise kandidiert er selbst.
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