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„Er war auch ein Steffi-Graf-Fan“

■ Heide Gerstenberger, Bremer Professorin für die Theorie des bürgerlichen Staates, über den Wissenschaftler und „Frauenmann“ Alfred Sohn-Rethel

Alfred Sohn-Rethel hatte Freunde. Er war ein behutsamer Mensch und andere lagen ihm am Herzen. Zwar wäre Alfred für seine Abstraktionstheorie auf jede vorhandene Barrikade gestiegen - noch lieber allerdings wäre er darübergehüpft oder unten durchgeklettert -, aber das galt sehr viel mehr seiner Theorie als seiner Person.

Wissenschaftlichen Ruhm erntete Alfred Sohn-Rethel erst im hohen Alter. Er hat ihn genossen, sich aber nicht damit zufriedengegeben. Als es ihm materiell hier in Bremen zum ersten Mal möglich wurde, sich ganz der Forschung zu widmen, hat er von dieser Möglichkeit im achten und neunten Jahrzehnt seines Lebens systematischen und disziplinierten Gebrauch gemacht.

Für ihn war Forschung eine Lebensform, seine Fragen haben ihn umgetrieben, neue Erkenntnisse ihn begeistert. Für alle, die ihn als Lehrer und Kollegen kannten, war er - unabhängig davon, ob sie mit den Ergebnissen seiner Arbeit übereinstimmten oder nicht - die Verkörperung eines Menschen, der sich die Wissenschaft zum Beruf erwählt hat.

Alfred Sohn-Rethel war aber nicht nur Sozialphilosoph. Er war auch ein begeisterter Steffi-Graf-Fan, ein Anhänger von Werder Bremen, ein Genießer, Kunstliebhaber und das, was man früher einen Frauenmann nannte.

Als in den letzten Tagen Freundinnen und Freunde, Schülerinnen und Schüler von seinem Tod benachrichtigt wurden, kehrte in deren Reaktionen ein Satz immer wieder: „Er war einer der nettesten Menschen, die ich kennengelernt habe.“

Heide Gerstenberger

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