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Epidemie gefährdet Düppeler Anwohner

■ FU-Veterinär-Pathologie in Düppel wegen Q-Fieber-Epidemie geschlossen/ 40 Personen erkrankt/ Anwohner nicht informiert

Zehlendorf. Am Institut für Veterinär-Pathologie der Freien Universität (FU) in Düppel grassiert die Q-Fieber-Epidemie. Wie der Direktor des Instituts, Roland Rudolph, gestern bestätigte, zeigten inzwischen »rund 40 Personen« die Symptome der Krankheit. Darunter sei »erwiesenermaßen« auch ein Kleinkind. Bei drei Instituts-Mitarbeitern hätten sich durch Bluttests inzwischen »Hinweise« auf die Krankheit verdichtet. Als Reaktion auf die Epidemie ist der Sektionsbereich, in dem tote Tiere untersucht werden, seit dem 5. Mai geschlossen. Bisher wurden die Anwohner über die Seuche nicht informiert. Das Gelände, auf dem auch die ebenfalls betroffene »Klinik für Klauentiere« liegt, ist für jeden zugänglich. In der Klinik waren die von der Q-Fieber-Epidemie betroffenen Tiere vor ihrer Tötung untergebracht worden. Erst in dieser Woche regte der betriebsärztliche Dienst der FU an, das Gelände zu sichern. Mit Hinweisschildern solle einer »eventuellen Gefährdung der Bevölkerung« vorgebeugt werden.

Wie Rose-Marie Elger vom »Betriebsärztlichen Dienst« der FU versicherte, trete die Q-Fieber-Epidemie »äußerst selten« in nördlichen Gebieten auf. Zwischen 1969 und 1989 seien in West-Berlin nur zehn Erkrankungen gemeldet worden. Eine tödliche Gefahr sei zwar bei dieser Krankheit nicht ausgeschlossen, aber in diesem Fall »kaum zu befürchten«. Die Q-Fieber-Epidemie, auch bekannt unter dem Namen »Balkangrippe«, wird von Rindern und Schafen übertragen. Befällt der äußerst resistente Erreger, der sich im Fell von Tieren verstecken kann, den Menschen, kommt es nach rund 19tägiger Inkubationszeit zu Kopf- oder Gliederschmerzen und grippeähnlichen Erscheinungen. Auch Lungenentzündungen sind möglich.

Nach Aussagen des Dekans des Fachbereiches Veterinärmedizin an der FU, Holger Martens, sei der Q-Fieber-Erreger von elf Schafen eingeschleppt worden. Sie wurden Mitte März aus einem Berliner Betrieb zur Untersuchung eingeliefert und nach ihrem Tod in der Pathologie untersucht. Wegen der langen Inkubationszeit von über zwei Wochen hätten die ersten Personen Anfang April erste Symptome gezeigt. Als sich die Fälle häuften und die Hinweise sich verdichteten, sei »umgehend« gehandelt worden. Die nach dem Bundesseuchengesetz meldepflichtige Krankheit sei durch den »Betriebsärztlichen Dienst« sofort an den zuständigen Amtsarzt in Zehlendorf weitergeleitet worden. Dort war gestern keine Stellungnahme mehr einzuholen. Als »bedauerlich« bezeichnete Martens den Umstand, daß auch zahlreiche Studenten unter den Erkrankten seien. Wegen der äußerst schwierigen Diagnostik der Krankheit und der langen Inkubationszeit habe man »an eine mögliche Infektion der Studenten nicht gedacht«.

Durch die Schließung des Sektionsbereiches ist zudem der Studienablauf erheblich durcheinandergeraten. Wöchentlich seien dadurch rund 200 Studenten betroffen, erklärte Rudolph. Zusammen mit der Leitung der FU werde nach einem Ausweichquartier gesucht. Außerdem sei durch die Schließung der vorbeugende Gesundheitschutz in der Stadt betroffen. Da seit Mai keine Tiere mehr angenommen würden, könne »keine Abschätzung der Hygienesituation bei Tieren in der Stadt« getroffen werden. Ein ähnlicher Sektionsbereich an der HUB werde derzeit restauriert. Das »Landesamt für Tiermedizin« trete nur bei Seuchenverdacht in Aktion. Severin Weiland

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