Entwicklung des Weltklimas: Lebensfeindliche Hitze
Die Klimakrise führt dazu, dass viele Regionen zu heiß für Menschen werden. Ein Drittel der Weltbevölkerung könnte 2070 unter großer Hitze leiden.
Über die sechs Jahrtausende hat sich diese Verteilung trotz aller technologischen Innovationen so gut wie nicht verändert. Studienautor Marten Scheffer von der Universität Wageningen in den Niederlanden spricht von einer „überwältigenden Konstanz“. Sehr wahrscheinlich handle es sich bei den zwei Temperaturspannen um die „klimatische Nische“ des Menschen, erklärt der Ökologe. Also um den Bereich, in dem Menschen überhaupt leben können.
Trotzdem sind wir auf dem besten Weg, diese Nische zu verlassen. Scheffer und seine vier Kollegen haben ein Szenario des Weltklimarats IPCC zur Grundlage genommen, nach dem die Emissionen weitgehend so steigen wie bisher. Schon in 50 Jahren würden dann auf 19 Prozent der globalen Landfläche im Jahresdurchschnitt Temperaturen von mehr als 29 Grad herrschen. Fast ein Fünftel der Erde läge also außerhalb unserer Nische. Zum Vergleich: Das entspricht dem heutigen Klima in den heißesten Regionen der Sahara. Bisher gibt es solche Temperaturen nicht mal auf 1 Prozent der Landfläche.
Mit einer ungebremsten Erderhitzung würde sich das Gebiet ausdehnen. Auch in vielen Regionen in Afrika, Australien, Lateinamerika, Indien und Südostasien wäre es dann so heiß. Das sind Teile der Welt, in denen die Bevölkerung besonders stark wachsen wird. Entsprechend viele Menschen werden 2070 von starker Hitze betroffen sein – laut der Studie etwa 3,5 Milliarden, also ein Drittel der prognostizierten Weltbevölkerung.
Zumindest punktuell erleben wir schon heute lebensfeindliche Hitze, nämlich vor allem in Kombination mit einer hohen Luftfeuchtigkeit. Dann verdunstet Schweiß nicht mehr so gut und die körpereigene Kühlfunktion funktioniert nicht. Es drohen Überhitzung und Organversagen. Das zeigt eine Studie, die gerade im Fachmagazin Science Advances erschienen ist.
Höchste Werte auf der Arabischen Halbinsel
Um diesen Effekt abzubilden, haben drei Klimaforscher sich die sogenannte Kühlgrenztemperatur angeguckt. Die liegt etwas unter der normalen Umgebungstemperatur, weil sie einberechnet, dass die Luftfeuchtigkeit kühlt. In der Theorie gelten 35 Grad dabei als Überlebenslimit für den Menschen. Praktisch sind schon 31 Grad für vollkommen gesunde Personen problematisch, selbst mit ausreichend Flüssigkeitszufuhr, sofern sie nicht auf einen gekühlten Raum ausweichen können. Die meisten Menschen bekommen schon deutlich darunter Probleme.
„Bisher haben Studien prognostiziert, dass es solche Ereignisse in einigen Jahrzehnten geben würde, aber diese zeigt, dass es schon heute geschieht“, sagt Colin Raymond, mittlerweile beim California Institute of Technology, der die Studie im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Columbia University geleitet hat.
Viele Klimastudien arbeiten mit Durchschnittswerten über längere Zeiträume und größere Gebiete. Nicht so Raymond und seine zwei Koautoren: Sie haben kleinteilige Daten aus dem Zeitraum von 1979 bis 2017 von fast 8.000 Wetterstationen ausgewertet. So konnten sie auch vereinzelte und kurzzeitige Wetterereignisse ausmachen. Für ihre Fragestellung war das wichtig, da eben auch schon wenige Stunden in der feuchten Hitze gefährlich sein können.
Ungefähr 1.000-mal stellten die Wissenschaftler im Untersuchungszeitraum Kühlgrenztemperaturen von über 31 Grad fest, 80-mal gar Werte über 33 Grad. Die allerhöchsten Werte traten auf der Arabischen Halbinsel auf, aber auch afrikanische, süd- und südostasiatische, karibische, australische sowie US-amerikanische Regionen waren betroffen. Und: Im Laufe der Zeit habe sich die Zahl der extremen Wetterereignisse verdoppelt.
Laut Raymond dürfte sich dieser Trend fortsetzen. „Im Zuge der Erderwärmung werden diese Wetterereignisse länger andauern und in größeren Gebieten auftreten“, sagt er. Möglicherweise unterschätzt sogar die aktuelle Studie das Auftreten der feuchten Hitze noch. Die Klimawissenschaftlerin Kristina Dahl von der US-Organisation Union of Concerned Scientists kommentiert die Ergebnisse mit dem Hinweis, dass auch die lokalen Wetterstationen nicht zwangsläufig in den am dichtesten bebauten Nachbarschaften von Großstädten messen würden, wo es besonders heiß sei.
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