Enttäuschte Strom-Hoffnung: Heim-Windräder versagen
Der Markt für Kleinwindräder wächst weltweit. Allerdings können Energieexperten keine einzige der verfügbaren Anlagen uneingeschränkt empfehlen.
BERLIN taz | Ein gefeierter Hersteller von Kleinwindrädern ist von Kunden wegen Betrugs angezeigt worden. Die Wolfsburger Firma Tassa GmbH, die ihren Kunden Energie-Autonomie durch das eigene Kleinwindrad in Aussicht stellt, kann dieses Versprechen nach Recherchen der sonntaz nicht halten.
Der Fall ist Energieexperten zufolge symptomatisch für die weltweit wachsende Branche der kleinen Windkraftanlagen. Weil bisher installierte Tassa-Kleinwindanlagen nicht annähernd die versprochene Leistung erbringen, haben Kunden nun Strafanzeige gegen das Unternehmen erstattet.
Auf Nachfrage räumte Tassa ein, dass es technische Schwierigkeiten mit den Windrädern gebe. Das Start-Up-Unternehmen war für die Entwicklung seines neuartigen Windrades von der staatlichen KfW-Bank als „Gründer Champion 2009“ ausgezeichnet worden. Tassa verkauft dieses Windrad seit dem Jahr 2008.
Diesen Artikel finden Sie in einer längeren Version, zusammen mit vielen anderen spannenden Texten, in der sonntaz vom 29./30. Mai.
Tassa-Kunden schildern in der sonntaz ihre Erlebnisse. „Der Wind kann ohne Ende blasen“, die versprochene Leistung von bis zu 5.000 Watt werde aber nicht erreicht, sagt etwa ein Hotelbetreiber. "Die Anlage ist für mich wertlos." Auch viele andere Windrad-Käufer sind enttäuscht. Dreiviertel der durch das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) befragten Besitzer von Kleinwindanlagen geben an, dass sich ihre Erwartungen an das häusliche Windrad nicht erfüllt hätten.
„Es kommt vor, dass Kunden zu Versuchskaninchen für neue Bauformen kleiner Hersteller werden“, sagte IWES-Windforscher Paul Kühn. Eine aktuelle Studie des Heidelberger Institutes für Energie und Umweltforschung (IFEU) kritisiert in einem Vergleich von 23 Kleinwindanlagen, der Entwicklungsstand sei „bei vielen Kleinwindanlagen noch nicht als marktreif zu bezeichnen.“
Einige Windräder bringen in der Praxis nur ein Hundertstel der von den Herstellern versprochenen Leistung, haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben. Martin Pehnt, Fachbereichsleiter Energie beim IFEU, kann deshalb keine Kleinwindanlage uneingeschränkt empfehlen. Die Windkraftexperten plädieren für ein unabhängiges Gütesiegel, das für mehr Transparenz in dem unübersichtlichen Markt für Kleinwindanlagen sorgen soll.
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