Entscheidung des Europäischen Patentamts: Kein Patent auf Tiere
Greenpeace und Misereor waren erfolgreich mit ihrem Einspruch gegen Patentierung eines Tierzuchtverfahrens. Das bereits erteilte Patent wird zurückgezogen.
BRÜSSEL taz | Umweltschutz- und Entwicklungsorganisationen haben beim Europäischen Patentamt einen wichtigen Sieg errungen: Ein bereits erteiltes Patent auf eine bestimmte Tierzuchtmethode wird zurückgezogen. Greenpeace und Misereor hatten Einspruch gegen das Patent erhoben, das ein kanadischer Züchter bereits 2008 erhalten hatte. Laut EU-Recht dürfen Verfahren zur Zucht von Pflanzen und Tieren gar kein Schutzrecht für Erfindungen erhalten.
Auch die Regeln des Patentamts verbieten dies eigentlich. Trotzdem hatte der Züchter ein Patent erhalten, in dem es um eine Verbesserung der Rinder- und Schweinezucht geht. Die Methode ist wenig revolutionär: Die Tiere werden, basierend auf einer Gen-Diagnose, so miteinander gepaart, dass Mast und Ertrag optimiert werden. „Das Patent versucht nichts anderes, als die normale Fortpflanzung zu monopolisieren. Es ist nicht sonderlich erfinderisch“, kritisiert Greenpeace.
Die Entscheidung des Patentamts ist nicht nur für diesen Einzelfall wichtig. In Brüssel wird nach der Sommerpause noch einmal über das europäische Einheitspatent diskutiert, das das Europaparlament ursprünglich schon im Juni verabschieden wollte. Aufgrund eines juristischen Streits mit den Mitgliedsstaaten ist die Abstimmung aber noch einmal verschoben worden.
Seit den 1970er-Jahren sind Versuche der EU-Staaten, sich auf ein gemeinsames Patentrecht zu einigen, immer wieder an Detailfragen gescheitert. So wollen Spanien und Italien noch immer nicht mitmachen, weil die Patente nur ins Deutsche, Englische und Französische, nicht aber in ihre Landessprachen übersetzt werden sollen.
Im Gesetzentwurf für das Einheitspatent sind die Patente auf Lebensformen stark eingeschränkt. Problematisch dabei ist allerdings, dass das europäische Patentamt keine EU-Institution, sondern eine zwischenstaatliche Einrichtung von insgesamt 38 Mitgliedsstaaten ist. Es ist deshalb nicht automatisch an die EU-Gesetzgebung gebunden.
In den vergangenen Jahren hat das Amt immer wieder Patente auf Züchtungen vergeben, etwa auf Tomaten und genmanipulierte Fische. Umweltschützer befürchten, dass sich große Konzerne so de facto eines Tages den Besitz an bestimmten Lebensformen und deren Züchtung sichern können.
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