piwik no script img

Entkoppelte Ströme

Der Videokünstler Stefan Schuster variiert Filme der Skladanowsky-Brüder, und reflektiert nebenbei Technologiegeschichte

„reconstructon_deconstruction“, Filme von Stefan Schuster, Max und Emil Skladanowsky, mit einer Einführung von Christa Blümlinger, Z-Bar, Bergstraße 2, Mitte, 21 Uhr

Max Skladanowsky klebte Bänder aus Rohfilmplatten in Streifen aneinander, erzeugte „Nebelbilder“ mittels mehrschichtiger Projektion, und entwickelte 1895 das „Bioscop“, den ersten Filmprojektor. Im gleichen Jahr präsentierte er die ersten „bewegten Bilder“, in einer Welturaufführung.

Die Brüder Max und Emil Skladanowsky gelten als Erfinder des Films. Sie waren Avantgardisten einer fortschrittsverliebten Ästhetik, deren Modernität sich in der Abbildung von Zügen äußerte. Die Skladanowskys filmten die fahrende Berliner Hochbahn aus einer Art Innenperspektive des Transportmittels: vom Führerstand aus.

Der in Berlin lebende österreichische Videokünstler Stefan Schuster nimmt die alten Skladanowsky-Filme als Vorlage seiner Variation über den Zusammenhang von Zug und Film. In seinem Video „reconstruction_deconstruction“ filmt Schuster die Hochbahn von exakt demselben Punkt, den auch die Skladanowskys benutzten, und erreicht damit eine beinahe identische Nachbildung des ursprünglichen Bildes. Dann jedoch löst Schuster sein eben noch „Ganzheit“ behauptendes Bild wieder auf: Mittels digitaler Bearbeitung lässt er Straßenbahnen ineinander fahren, entkoppelt Verkehrsströme, lässt außer der U-Bahn alles erstarren und sorgt für eine gehörige Irritation des betrachtenden Blickes. Nebenbei erzählt er auch ein Stück Technologiegeschichte. JSI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen