: Entführt auf die Fischerinsel
■ Der paranoide Schach-Maniac Bobby Fischer setzte per Leibwächter ungelittenen Fotografen fest
Berlin (dpa/taz) — Dem Verfolgungswahn des Schach-Verrückten Bobby Fischer bekam in Sveti Stefan ein deutscher Journalist zu spüren. Der Berliner Schach-Publizist Dagobert Kohlmeyer, der zur Berichterstattung über das Match Fischers gegen Boris Spasski an der Adria weilte, wurde beim Fotografieren der montenegrinischen „Schach-Insel“ von Fischers Leibwächtern überwältigt und gewaltsam zur Herausgabe des Films gezwungen.
Der Grund: Der 49jährige amerikanische Ex-Weltmeister hatte just in dem Moment in der Bucht vor Sveti Stefan mit seiner 30 Jahre jüngeren ungarischen Freundin Zita Rajczanyi gebadet, als Kohlmeyer Aufnahmen von der Insel machte.
Rein zufällig, wie der Fotograf beteuert. „Ein muskulöser Mann sprang plötzlich aus dem Gebüsch und bedeutete mir, stehenzubleiben: Sie haben soeben Mr. Fischer fotografiert“, harrschte er mich an. „Ich versuche, den Gorillas klarzumachen, daß ich die Insel und sonst nichts abgelichtet habe, für Detailaufnahmen aus dieser Entfernung sei mein Objektiv viel zu klein. Sie ließen das nicht gelten, packten mich brutal an den Oberarmen und schleiften mich gegen meinen Widerstand auf die Insel: We go to the Boss!“ war die Reaktion der Body-Guards.
„Mein Wunsch, den Schiedsrichter des Matchs, Lothar Schmid, anrufen zu dürfen, wurde mir verwehrt“, so Kohlmeyer. „Als die Drohungen der insgesamt drei Leibwächter immer deutlicher wurden, spürte ich, daß ich hier nicht heil herauskommen würde, ohne den Film abgegeben zu haben. Ich mußte mich dem brutalen, hirnlosen Benehmen dieser Leute beugen“, erklärte Kohlmeyer. Gegen diese Behandlungsweise legte Kohlmeyer beim Direktor des Matches, Janos Kubat, Protest ein, der im offiziellen Turnierbulletin eine Entschuldigung in Serbokroatisch und in Englisch veranlaßte.
Schon bei Fischers Ankunft auf dem Budapester Flughafen hatte seine Leibwache einem ahnungslosen Passagier den Fotoapparat zertrümmert, obwohl der Mann den Amerikaner weder erkannt, geschweige denn fotografiert hatte.
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