piwik no script img

■ BLUE BOX ZEIGT: "Words of the Dying"Eno und Cale in Rußland

Videokunst gibt es diesmal beim Videokunstforum kaum zu sehen. „Words of the Dying“ ist wohl die konventionellste Produktion, die „Blue Box“ je gezeigt hat, aber diesmal ist der Inhalt eindeutig wichtiger als der Stil.

Die britischen Kultmusiker John Cale und Brian Eno werden 80 Minuten lang bei der Produktion ihrer „Falkland Suite“ beobachtet.

Die beiden reisten nach Moskau, wo das orchestrale Werk von dem sowjetischen „Orchestra of Symphonic and Popular Music of Gostelradio“ eingespielt wurde. Die Gesangsparts von Cale und einem Knabenchor nahmen die beiden später in Wales auf, und während der gesamten Reise sah die Kamera ihnen über die Schultern. Nilson dokumentiert die Schwierigkeiten bei der Produktion, etwa wenn das Videoteam den Musikern zu nah auf den Pelz rückte: Eno wollte überhaupt nicht gefilmt werden, nur seine Hände und Füße sollten zu sehen sein, und auch aus den Aufnahmestudios wurde die Kamera einige Male rausgeschmissen. Dennoch bekommt man im Laufe der 80 Minuten einen guten Eindruck davon, wie Cale und Eno arbeiten.

Regisseur Rob Nilson kann sich einige stilistische Spielereien nicht verkneifen. Aber der Film ist immer dann am interessantesten, wenn er ohne künstlerische Ambitionen nur dokumentiert.

Etwa bei den vielen Nahaufnahmen von Cale, der immer griesgrämig und unzufrieden wirkt. Eno ist dagegen kaum zu sehen und doch spürt man seine gelassene Ruhe.

Einmal besucht Cale russische Rockmusiker, und diese jungen Moskauer sind ähnlich avantgardistische Bohemiens wie es Cale zur Zeit der „Velvet Underground“ war. Wie in einer Zeitreise sehen wir Cale, der seiner eigenen Vergangenheit begegnet: ein seriöser Herr, der mit einem symphonischen Orchester arbeitet und für diese ärmlich schrillen Freaks nur einige skeptische Blicke übrig hat.

Wilfried Hippen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen