Das Portrait: Engster Mitarbeiter des Präsidenten
■ Nikolai Bordjuscha
Der Karrieresprung kam unerwartet: Seit vergangener Woche ist Nikolai Bordjuscha, Vorsitzender des nationalen Sicherheitsrates, nun auch noch Chef der Administration des russischen Präsidenten. 1949 wurde Bordjuscha in der westrussischen Stadt Orjol geboren. 1972 machte er seinen Absschluß an der Hochschule für Militäringenieure in Perm.
Bis 1991 bekleidete er dann diverse Ränge beim Militär und beim KGB. 1991/92 war er stellvertretender Personalchef der Nachrichtenagentur FAPSI. Die FAPSI sorgt unter anderem dafür, daß der Präsident seine Telefonate abhörsicher führen kann. Die spätere Entwicklung Bordjuschas zeigt, daß ihn die Rolle beim Abhördienst prägte. 1995 bis 1998 war der heute engste Mitarbeiter des Präsidenten Vizedirektor des Föderalen Grenzdienstes und schien zur Ruhe zu kommen. Aber ab Dezember letzten Jahres wurde er durch den Sturz zweier hoher Politiker in die Nomenklatura katapultiert.
Noch Ende 1997 traf es Bordjuschas damaligen Chef, General Andrei Nikolajew. Der hatte sich Ruhm erworben, weil er als einziger unter den russischen Machtministern seinen Etat zugunsten seiner Angestellten verwendete. Als Nikolajews Nachfolger opferte Bordjuscha diese Errungenschaft. Im laufenden Jahr kam es erstmals zu Soldrückständen bei den Grenztruppen. Andererseits gelang es ihm, die geplante Eingliederung des Grenzdienstes in den Geheimdienst FSB zu verhindern.
Als Mann, der sich viel gefallen läßt, und doch als geschickter Apparatschik erwies er sich auch auf seinem nächsten Posten als Sekretär des Sicherheitsrates. Er ließ sich aus dem bisher für den Träger dieser Funktion vorgesehenen hübschen Kreml- kabinett aussiedeln. Dafür hielt er zäh die ausgezeichnete Expertenmannschaft des Sicherheitsrates beisammen. Als in den letzten Monaten die Forderung nach Kampf gegen Korruption und politischen Extremismus wieder laut wurde, war Bordjuschas Sicherheitsrat das einzige dem Präsidenten unterstellte Organ, das reagierte.
Bordjuschas Vorteil in diesem Kampf besteht in seinem totalen Mangel an politischen Ambitionen. Sein gegenwärtiges Glück, daß sein unbestechlicher Charakter nicht mit Charisma gepaart ist, könnte sich in einer Nach- Jelzin-Ära schnell als Unglück erweisen. Barbara Kerneck
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