Energie: Senatoren unter Strom
Der Streit zwischen Finanzsenator Ulrich Nußbaum und Justizsenator Thomas Heilmann drohte erneut zu eskalieren. Nun gibt es einen Kompromiss. Vorerst.
Im Senat gibt es erneut Aufregung. Wieder streiten sich Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) und Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) – und wieder geht es – neben Vergabekriterien – um eine mögliche Befangenheit Heilmanns. Laut Nußbaum ist die Vergabe der Stromkonzession vorerst gestoppt. Der Grund sind Nachbesserungen, die zwei bis drei Monate dauern könnten. Das sei aber einer mehrjährigen Verzögerung vorzuziehen, wie sie beim Gasnetz droht. Dort klagt der bisherige Netzbetreiber Gasag, der bei der Konzessionsvergabe im Juni unterlag.
Nach Darstellung des Finanzsenators gibt es zwei Gründe, die den Stopp verursacht haben. Zum einen sollen beide verbliebene Bieter für die Stromkonzession auf Veränderungen bei den Regeln gedrungen haben, nach denen letztlich entschieden wird. Dabei handelt es sich nicht um grundsätzliche Fragen, sondern um sogenannte Unterkriterien. Laut Nußbaum sei es rechtssicherer, den Anregungen der beiden Bieter jetzt zu folgen, statt später Klagen zu riskieren, die sich nach Expertenschätzung über Jahre hinziehen können.
Längere Verzögerungen könnten zur Folge haben, dass der aktuelle Stromkonzessionsvertrag ausläuft, ohne dass ein neuer Betreiber gefunden ist. Der bisherige Betreiber Vattenfall bliebe – wie die Gasag beim Gasnetz – vorerst verantwortlich, müsste aber die jährlichen Abgaben in zweistelliger Millionenhöhe oder zumindest einen großen Teil davon nicht mehr zahlen.
Zweiter Grund für den Stopp ist laut Nußbaum die Beteiligung Heilmanns am Energiehändler Ampère. Der Justizsenator war bis Anfang 2012 Unternehmer und hält weiterhin Firmenbeteiligungen. Er aber mag in Sachen Ampère keine Befangenheit erkennen: Es gebe keine Verträge zwischen der Ampère AG und dem Stromnetzbieter Vattenfall, dem auch ein Teil der Gasag gehört, sagte er jüngst im Abgeordnetenhaus. Deshalb liege keine Verletzung der Vorschriften für Senatoren vor.
Konzessionsvergabe
Betreiber des Stromnetzes ist noch bis Jahresende der private Energieriese Vattenfall. Wer in den nächsten mindestens zehn Jahren zuständig sein soll und Durchleitungsgeführen verlangen kann, entscheidet sich in einem Vergabeverfahren der Senatsverwaltung für Finanzen. Ein neuer Betreiber muss dem vorherigen das Netz abkaufen. Der Preis ist Verhandlungssache, kann in die Milliarden gehen und wird im Streitfall von einer Schiedsstelle festgelegt. Die rot-schwarze Koalition hat im Zuge des von der SPD angestrebten Rekommunalisieungsprozesses mit Berlin Energie ein staatliches Unternehmen ins Rennen geschickt, das sich Ende Juni bereits bei der Vergabe der Gaskonzession durchsetzen konnte. Gegen diese Entscheidung klagt jedoch der unterlegene bisherige Betreiber Gasag. STA
„Es geht gar nicht um die Frage, ob objektiv Befangenheit vorliegt, es geht um den Anschein davon“, sagte Nußbaum. Schon das kann aus seiner Sicht das Verfahren angreifbar machen. Die Befangenheitsfrage will er im Senat erneut aufgeworfen und dazu am Dienstag eine Antwort bekomen haben. Nußbaum mochte die zwar wie auch Heilmann nicht zitieren, zeigte sich aber zufrieden: „Für mich ist das, was heute erklärt worden ist, in Ordnung.“ Dem Vernehmen nach versicherte Heilmann, bei der Vergabe nicht mitzustimmen. Der Justizsenator selbst sagte dazu: „Die Auseinandersetzung der letzten Tage war völlig überflüssig. Aber jetzt haben wir uns geeinigt.“
Das Heilmann-Lager sieht in Nußbaums Vorgehen nur den Versuch, von eigenen Schnitzern abzulenken und mit dem Thema „Befangenheit“ zu überdecken, dass er jetzt nachbessern müsse, was Heilmann schon im Frühsommer anregte. Das jetzt zu tun, sei nicht Entgegenkommen gegenüber den Bewerbern, sondern eine Reaktion auf jüngste Rechtsprechung. „Nußbaum will nur von eigenen Verfahrensfehlern ablenken“, sagte CDU-Generalsekretär Kai Wegner der taz. Für ihn ist Nußbaum verunsichert, weil seine Zukunft als Finanzsenator nach der Rücktrittsankündigung von Regierungschef Klaus Wowereit unklar ist.
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