Endloses Gezerre ums Kosovo: KOMMENTAR VON ERICH RATHFELDER
Die Geheimniskrämerei, die um den künftigen Status des Kosovo gemacht wird, ist bezeichnend. Erst hat der finnische UN-Vermittler Ahtisaari den Termin auf die Zeit nach den Wahlen in Serbien verschoben. Dann unterbreitete er den geheimnisvollen Plan gestern nur den Vertretern der Staaten, die zur Kontaktgruppe gehören. In einer Woche werden die Führungen der Serben und der Albaner informiert. Und die Öffentlichkeit, so ist anzunehmen, wird dann weiter im Dunkeln tappen.
Die UN, die Staatengemeinschaft überhaupt, fürchtet offenbar die Reaktion der Menschen in Serbien und im Kosovo. Sicherlich, der Mehrheit der Serben geht jegliche Selbstständigkeit des Kosovo zu weit. Die ideologisch geführte Debatte der letzten Jahre lässt kaum Kompromisse zu – selbst gutwillige serbische Politiker werden deshalb zögern, ihre Unterschrift unter ein Dokument zu setzen, in dem das Kosovo von anderen Staaten diplomatisch anerkannt werden kann.
Doch auch wenn die albanische Führung zustimmt – die meisten Albaner werden in übergroßer Mehrheit die offenbar beschlossenen „Minderheitenrechte“ für die Serben ablehnen. Denn diese haben weniger mit den Rechten von Minderheiten zu tun als mit der Gründung eines serbischen Staates im Staate, der Belgrad weitgehende Befugnisse gibt, sich auch in Zukunft in die Politik des Kosovo einzumischen. Hinzu kommen noch die Querelen in der internationalen Gemeinschaft selbst. Mit der Rückkehr der UN-Vetomacht Russland in die Arena haben sich die Dinge noch zusätzlich verkompliziert.
Ob das Gezerre der Weltmächte – hinter verschlossenen Türen und über die Köpfe beider Bevölkerungen hinweg – eine allseits befriedigende Lösung herbeiführen kann, ist fraglich. Zu viele Pläne der internationalen Gemeinschaft sind in den letzten Jahrzehnten auf dem Balkan gescheitert.
Auch die in der Nato diskutierte Idee, den Ahtisaari-Plan, wenn nötig, mit Gewalt abzusichern, führt nicht weit. Jetzt rächt es sich, dass nicht gleich nach dem Einmarsch der Nato-Truppen 1999 über den Status des Kosovo entschieden wurde. So wird es auch jetzt wieder mit einer endgültigen Entscheidung dauern.
brennpunkt SEITE 4
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