■ Kommunalwahlen in Bosnien von OSZE verschoben: Endlich Konsequenzen
Die Frage ist eigentlich gar nicht, warum die Kommunalwahlen in Bosnien-Herzegowina verschoben werden, sondern weshalb erst jetzt die Entscheidung darüber gefällt wurde. Denn schon vor Wochen, mit der Registrierung der Wähler, war es offensichtlich, daß in erster Linie die serbische Seite versucht, mit den Wahlen Weichen zu stellen, die auf die Teilung des Landes zielen. Die schon zu Beginn der Prozedur geäußerten Zweifel wurden damals von den internationalen Institutionen ignoriert. Der OSZE-Vorsitzende, der Schweizer Außenminister Flavio Cotti, wurde unter Druck – vor allem seitens der USA – gesetzt, um der Abhaltung der Wahlen zuzustimmen.
Die in Dayton auf serbischen Vorschlag aufgenommene Klausel, Flüchtlinge und Vertriebene nicht nur in den Heimatorten, sondern auch an den Fluchtorten wählen zu lassen, hatte der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Wenn jetzt in der strategisch wichtigen ostbosnischen Stadt Brcko 42.000 Serben aus der Umgebung von Sarajevo registriert sind und dort ihre Nationalpartei wählen sollten, so wird der Sinn dieser Beeinflussung offensichtlich.
Denn noch ist ja nicht über die Zukunft des Possawina-Korridors, in dem Brcko liegt, entschieden. Eine proserbische Volksabstimmung würde die serbischen Ansprüche auf diesen Korridor, der die von Serben kontrollierten westbosnischen Gebiete um Banja Luka mit Serbien verbindet, scheinbar legitimieren. Ohne diesen Korridor hätte eine serbisch-bosnische Republik keinerlei politische und ökonomische Überlebenschance.
Daß jetzt die Entscheidung gegen die Kommunalwahlen getroffen wurde, hat also mit großer Politik zu tun. Die Proteste der nicht nationalistisch ausgerichteten demokratischen Parteien in Bosnien trugen immerhin das ihre dazu bei. Es scheint nun auch jenen, die bislang unbeirrt am Fahrplan der Wahlen festgehalten haben, bewußt geworden zu sein, daß die Wahlen nicht unbedingt friedensfördernd sind.
Es ist keine Überraschung, wenn die serbische Seite jetzt schäumt. Die Antwort der Anhänger Karadžić wird voraussichtlich der Boykott der Wahlen für das Parlament und des Präsidenten sein. Das sollte jedoch nicht schrecken. Im nächsten Frühjahr gibt es die Möglichkeit, Wahlen vorbereitet abzuhalten. Erich Rathfelder
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