Endlager in Schweden: Atommüll in der Tiefe
Schweden will seinen Atommüll in 500 Metern Tiefe deponieren. 100.000 Jahre soll so ein Endlager halten. Wissenschaftler bezweifeln die Beständigkeit der Kupferhülle.
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STOCKHOLM taz Letzte Forschungsdetails zur "Lösung" ihres Atommüllproblems präsentierte die schwedische Atomenergiewirtschaft am Freitag in Stockholm. Bevor die von den Betreibern der Atomreaktoren finanzierte Atommüllgesellschaft SKB (Svensk Kärnbränslehantering) in zwei Jahren formal den Antrag auf Errichtung eines Endlagers stellen will, gehe es jetzt noch darum sicherzustellen, dass ein solches Lager auch die nächste Eiszeit unbeschadet überstehen könnte, erklärte SKB-Chef Claes Thegerström. Denn es soll ja mindestens 100.000 Jahre halten. Ein Lager, für das man wegen der geologischen Gegebenheiten anders als in Deutschland nicht auf Salzstöcke, sondern auf Granit setzt.
In 500 Meter Tiefe im Urgestein soll der dann in Kupferbehältern eingekapselte Atommüll in einem Bett aus Ton auch den Druck einer drei Kilometer dicken Eisdecke wegstecken können, ohne dass Radioaktivität freigesetzt wird. Wobei sich KritikerInnen aber fragen, ob die Beschäftigung mit kommenden Eiszeiten nicht etwa zeitlich viel näher liegende Probleme verschleiern soll: nämlich die Prüfung alternativer Konzepte, die gründlichere Auswahl eines geeigneten Standorts und die Gefahren, die den Atommüllbehältern wesentlich früher drohen könnten. So stellte beispielsweise eine Studie der Stockholmer Wissenschaftler Peter Szakálos und Gunnar Hultquist, die in der vergangenen Woche in der Fachzeitschrift Electrochemical and Solid-State Letters veröffentlichte wurde, den Kern des Endlagerkonzepts in Frage, nämlich die Korrosionsfestigkeit der Kupferbehälter. Deren fünf Zentimeter dicke Hülle könnte danach womöglich durch das in die Lagerstätten eindringende Grundwasser bereits in 1.000 Jahren erheblich angegriffen sein.
Die Nichtregierungsorganisation MKG (Miljöorganisationernas kärnavfallsgranskning) hat diese neuen Zweifel an dem von der schwedischen Atomwirtschaft seit mehr als zwei Jahrzehnten einspurig verfolgten Endlagerkonzept nun zum Anlass genommen, weitere Untersuchungen zu fordern. MKG möchte eine Alternativmethode geprüft haben, die vorsieht, den Müll in drei bis vier Kilometer tiefen und später verschlossenen Bohrlöchern zu versenken. Dort soll keine Korrosion durch Grundwasserkontakt drohen und auch nicht die Gefahr bestehen, dass aufgrund des Drucks durch einen kilometerdicken Eispanzer womöglich Salzwasser eindringen könne.
Doch ebenso wie eine Erweiterung der Standortwahl, die die SKB schnell auf Forsmark und Oskarshamn - zwei AKW-Standorte mit "williger" Bevölkerung - beschränkte, verweigert die Atomwirtschaft bislang die Beschäftigung mit Alternativkonzepten. Die würden ja zusätzlich Geld kosten und den bisherigen Zeitplan, wonach ein Endlager im Jahr 2018 fertig gestellt sein soll, in Frage stellen.
REINHARD WOLFF
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