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Ende eines peinlichen Streits um Buchrechte

■ Luchterhand verzichtet: Peter Härtlings „Bozena“ erscheint bei Kiepenheuer & Witsch

Der Luchterhand Literaturverlag (München) hat auf den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Veröffentlichung von Peter Härtlings Buch Bozena durch den Kölner Kiepenheuer & Witsch Verlag (KiWi) verzichtet. Der Auslieferung von Härtlings Buch steht nun juristisch nichts mehr im Wege. In einem gestern veröffentlichten Brief schreibt Luchterhand-Geschäftsführer Dietrich von Boetticher an KiWi-Chef Reinhold Neven Du Mont: „Ich würde mich freuen, wenn ich die von Ihnen hergestellte, sehr schöne Ausgabe von Peter Härtlings Novelle Bozena in den nächsten Tagen in den Buchhandlungen sehen würde.“

„Dies ist ein Vorschlag zur Güte, denn wir wollen kein Buch verhindern“, sagte ein Luchterhand-Mitarbeiter. Von Boetticher macht KiWi ferner den Vorschlag, für die Rechte an dem Werk 100.000 Mark zu zahlen. Der Betrag solle je zur Hälfte an Härtling und an die Künstlersozialkasse in Frankfurt gehen. Sollte KiWi dieses Angebot nicht akzeptieren, müsse man später zu einer anderen Einigung finden, hieß es bei Luchterhand.

Sein Schreiben an Neven beschließt von Boetticher mit den Worten: „Ich würde mich freuen, wenn wir nach dem kurzen Sommergewitter unsere in freundschaftlichem Umgang begonnene Bekanntschaft ebenso fortsetzen könnten“. Für eine weitere Stellungnahme war von Boetticher, der nach Verlagsangaben im Urlaub in Südfrankreich ist, nicht zu erreichen. Bei KiWi wollte man vor einer Kommentierung dieser Wende im Streit mit Luchterhand zunächst beraten. „Wir wollen nichts übers Knie brechen und erst einmal mit unseren Anwälten sprechen“, sagte Verlagssprecherin Regina Schilling. Das Buch von Härtling liege in einer gedruckten Auflage von 20.000 Exemplaren vor, bislang gebe es mehr als 18.000 Vorbestellungen, so KiWi-Prokurist Heinz Biehn. Baß erstaunt reagierte Härtling auf den Brief von Boettichers. Entgegen dessen Behauptung, „Peter Härtling ist informiert“, wisse er von dem Angebot Luchterhands in dieser Form nichts, er sei im Moment „völlig durcheinander“. Härtlings neues Buch Bozena durfte nach einer Entscheidung des Hamburger Landgerichts von vergangener Woche vorerst nicht bei KiWi erscheinen. Das Gericht hatte eine Einstweilige Verfügung bestätigt, die Luchterhand gegen den neuen Verleger seines Ex-Autors Härtling erwirkt hatte. KiWi hatte angekündigt, Berufung einzulegen. Härtling hatte Anfang des Jahres – seiner Ansicht nach rechtmäßig – seine Verträge mit Luchterhand gekündigt und war zu KiWi gewechselt. Luchterhand behauptet jedoch, die Autorenrechte fürBozena zu besitzen.

Im November steht eine Feststellungsklage Härtlings vor dem Landgericht Hamburg an, in der der Autor die Aufhebung seines Vertrages bestätigen lassen will. Mit seinem Einlenken habe Luchterhand „Bewegung in die festgefahrenen Positionen bringen wollen“, sagte der designierte Luchterhand-Leiter, Christoph Buchwald, am Dienstag. „Dinge wie Einstweilige Verfügungen sind in der Literatur doch eine schreckliche Sache und dem Verhältnis zu Autoren unzuträglich. Wir wollten den ersten Schritt machen, auch im Sinne des Autors, weil es nicht weiterging – egal, wer nun Recht hat“, meinte Buchwald, der seine Tätigkeit am 1. Januar 1995 antritt.

Der Luchterhand Verlag, der zur Zeit von Hamburg nach München umzieht – habe mit dem Rückzug des Unterlassungsanspruchs Entgegenkommen hinsichtlich der Rechte an Härtlings Bozena gezeigt. Über die anderen Rechte am Werk des Autors müsse noch gesondert verhandelt werden. lno

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