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Ende des hochauflösenden KleinkriegsToshiba gibt die HD-DVD auf

Nachdem gleich mehrere Hollywood-Filmstudios zur Konkurrenz Blu-ray überliefen, scheint nun das Ende der HD-DVD gekommen: Berichten zufolge will Toshiba aufgeben.

Nach Hollywood auch noch Wal-Mart und Netflix - der HD-DVD brechen die Unterstützer weg. Bild: dpa

Der Streit um den hochauflösenden Nachfolger der DVD könnte bald beendet sein. Wie mehrere renommierte US-Medien unter Berufung auf mit der Situation vertraute Kreise berichten, will Toshiba, bislang wichtigster Anbieter der HD-DVD, womöglich bereits in den nächsten Tagen aus dem Geschäft mit den Silberscheiben aussteigen. Ein Toshiba-Sprecher sagte gegenüber dem Wall Street Journal, die Verkäufe seien seit dem Abtritt des Hollywood-Studios Warner aus dem HD-DVD-Lager belastet worden. "Nun erwägen wir andere Optionen." Eine offizielle Bestätigung zum Ende des Formates bei Toshiba gibt es allerdings noch nicht. Sollte es soweit kommen, dürften auch die bedeutenden Filmfirmen Paramount und Universal von der HD-DVD zurücktreten. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, Toshiba bereite sich auf Verluste im Bereich mehrerer Hundert Millionen Dollar vor. Das Unternehmen überlasse Blu-ray das Feld.

Für die Kunden war der Kampf der Streithähne Blu-ray und HD-DVD seit längerem mehr als ärgerlich. Sie mussten, wenn sie wirklich alle Formate abspielen wollten, stets gleich zwei Geräte anschaffen - oder sich einen der teuren Multinorm-Abspieler besorgen, die bei einzelnen Herstellern seit kurzem im Angebot sind. Noch 2005 hatten die Konsortien hinter den beiden konkurrierenden Systemen, die von Sony angeführte Blu-ray Disc Association und das im Bereich hochauflösender Bilder von Toshiba beherrschte DVD Forum, einen Kompromiss auszuhandeln versucht. Doch der kam dann nie zustande - und so zogen beide Technologien in einen Formatkrieg, den eigentlich alle Industrievertreter vermeiden wollten. Bei der Einführung der letzten großen optischen Datenträger CD und DVD konnte ein solcher Wettstreit weitgehend verhindert werden.

Das nun offenbar anstehende Aus der HD-DVD wird auch noch von anderen schlechten Nachrichten für Toshiba & Co. begleitet. So bestätigte der US-Supermarktriese Wal-Mart Ende vergangener Woche, dass man Blu-ray in seinen Filialen künftig den Vorzug geben werden, was die Absatzmöglichkeiten der HD-DVD weiter einschränken dürfte. Noch zu Weihnachten hatte der Handelskonzern Billigabspieler für 100 Dollar verkauft und seine Unterstützung für das Format zugesagt. Davon scheint nun nichts mehr übrig zu sein - auch aufgrund des Hollywood-Wechsels zu Blu-ray. Zu den weiteren Sargnägeln für die HD-DVD dürfte auch die Entscheidung der populären US-Online-Videothek Netflix gehören, ebenfalls nur noch auf Blu-ray zu setzen. Außerdem soll sich die Spielekonsole Sony PS3 mit eingebautem Blu-ray-Laufwerk im Januar besonders gut verkauft haben, was die Zahl der Abspieler erhöhte und wiederum den Verkauf an Medien ankurbeln könnte.

Sollte Toshiba tatsächlich in den nächsten Wochen ein Ende der HD-DVD-Ära einläuten, wäre dies allerdings keineswegs ein Sieg auf ganzer Linie für Blu-ray. Die hochauflösenden Filmscheiben verkaufen sich in beiden Lagern noch verhältnismäßig schleppend. Neben dem die Kundschaft verwirrenden Formatkrieg sehen diese offenbar die großen Vorteile noch nicht, die die neue Technik bringt. Brachte die DVD für jeden verständliche Neuerungen wie eine hohe Bildqualität und das schnelle Auffinden von Filmstellen (das Spulen von Videokassetten war endgültig vorbei) samt hervorragendem Sound, überzeugen Blu-ray und HD-DVD eigentlich nur mit ihrer Auflösung. Und die kann man sowieso nur auf entsprechend ausgestatteten HD-Fernsehern würdigen, die bei weitem noch nicht in jedem Wohnzimmer stehen - die Zielgruppe ist also zunächst kleiner.

Daneben steht noch eine weitere wichtige Frage im Raum, die Marktforscher und Technikexperten zunehmend stellen: Ist die Zeit optischer Medien nicht vielleicht längst abgelaufen? Immer erfolgreicher agierende Download-Portale im Internet ermöglichen den direkten Einkauf von Filmen, ohne dass man in einen Laden laufen müsste, um einen optischen Datenträger zu erwerben. Apple hat kürzlich in den USA sein Videoabspielgerät Apple TV aktualisiert, das nun auch hochauflösende Streifen im Verleih anbietet - eine schnelle Online-Anbindung genügt.

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