Ende des Volkskongresses: China will Yuan nicht aufwerten
Premier Jiabao zeigt sich besorgt um Chinas Wirtschaft, trotz fast 9 Prozent Wachstums 2009. Um die einheimische Produktion zu stärken, soll der Yuan nicht aufgewertet werden.
PEKING taz | Kein Hauch von Triumph, keine Spur von Erleichterung: Obwohl China die globale Finanzkrise offenbar relativ gut überstanden hat und seine Wirtschaft im vergangenen Jahr um 8,7 Prozent gewachsen ist, zeigte sich Regierungschef Wen Jiabao gestern sehr besorgt. Das kommende Jahr werde "komplizierter" als alle vorigen, kündigte der chinesische Premierminister bei seiner jährlichen Pressekonferenz zum Abschluss des Nationalen Volkskongresses an.
Die weltweite Krise sei noch nicht überstanden: Hohe Arbeitslosigkeit und Schulden, schwankende Rohstoffpreise und instabile Wechselkurse drohten die Wirtschaft in eine zweite Talsohle abstürzen zu lassen. Wen: "Vor uns liegt ein Weg, der nicht einfach und voller Windungen und Wendungen ist." Die Pekinger Regierung werde an ihrem Weg festhalten, die Konjunktur weiter mit massiven Staatsausgaben und einer lockeren Geldpolitik zu stützen, versprach Wen.
Zu der im Ausland immer wieder erhobenen Forderung, die chinesische Währung Yuan, auch Renminbi genannt, aufzuwerten, um ausländische Importwaren für Chinesen erschwinglicher zu machen und Arbeitsplätze in den USA und Europa zu sichern, erklärte Wen: "Der Yuan ist nicht unterbewertet." Als Beleg nannte er unter anderem den Handel mit Deutschland. Deutsche Unternehmen hätten im vorigen Jahr mehr Waren nach China verkauft als 2008. Insgesamt seien die chinesischen Importe im Krisenjahr nur 11 Prozent gefallen - weniger stark als die Exporte mit einem Minus von 16 Prozent.
Vor Beginn der sorgsam inszenierten Pressekonferenz im Goldenen Saal der Großen Halle des Volkes hatten die knapp 3.000 Delegierten des Volkskongresses ihre Pflicht getan: Wie stets segneten sie die Regierungsberichte, den Haushalt und die Gesetzesvorlagen ab, die ihnen in den vergangenen zehn Tagen vorgelegt worden waren. Zu den in Chinas Medien gelobten Reformen gehört der Plan, den Anteil der Bauern unter den Abgeordneten deutlich zu erhöhen. Die meisten Delegierten sind KP-Funktionäre und Staatsangestellte.
Der jährlich einzige Auftritt von Premier Wen vor der Presse ist sorgsam inszeniert: Nur ausgesuchte Journalisten dürfen Fragen stellen, kritische Themen werden in der Regel ausgespart. Deshalb kamen gestern Probleme, die vielen Chinesen auf den Nägeln brennen, nur am Rande zur Sprache. Die Spannungen in Tibet und Xinjiang, die dramatische Verschuldung vieler Gemeinden, die Verschwendung von Stimulus-Geldern in überflüssigen Bauprojekten, die Internetzensur und die Schikanen gegen Rechtsanwälte und Oppositionelle waren kein Thema.
Ungewöhnlich erschien Beobachtern die Bemerkung des Premiers, er hege eine "tiefe Liebe" zu China und sei bereit, "tausend Tode zu sterben", um dem Land in den nächsten drei Jahren weiter zu dienen. Diese Erklärung könnte bedeuten, dass Wens Position derzeit stark in Bedrängnis ist. In drei Jahren, im März 2013, werden er und Präsident Hu Jintao abgelöst. Schon ein halbes Jahr vorher, auf dem 18. Parteitag der KP Chinas, dürfte fast die komplette Führungsspitze ausgewechselt werden. Hinter den Kulissen werden im Kampf um Posten und Pfründen bereits die Schuldigen für die sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes gesucht - und Premier Wen steht ganz vorn in der Schusslinie.
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