Emre Can und Jonas Hector im DFB-Team: Frisches Blut auf der Außenbahn
Die Wege von Can und Hector in die Nationalmannschaft hätten kaum unterschiedlicher verlaufen können. Sie offenbaren eine Lücke im Sichtungsnetz.
Emre Can, der in Frankfurt gegen Polen zum ersten Mal für das A-Nationalteam auflief, hat diese Etappen mustergültig passiert. Mit 12 Jahren wechselte er zu Eintracht Frankfurt, mit 14 Jahren kam er zum FC Bayern und wurde kurz darauf in die U15 berufen. Der damalige U17-Trainer Steffen Freund sagte ihm als 17-Jährigen bereits eine große Karriere voraus: „Emre ist der kompletteste Spieler, den ich in meiner Karriere je gesehen habe.“
Am Freitagabend vollendete sich auf der rechten Außenbahn der Frankfurter Arena also nur, was kommen musste. Es war nur eine Frage der Zeit, wann Löw die Premierenpartie des Spielers vom FC Liverpool ansetzen würde. Im dichten DFB-Sichtungsnetz, an dessen Nachbau man sich mittlerweile weltweit versucht, zappelte der dicke Fisch schon lange. Dass dieses Netz dennoch überraschende Lücken aufweist, konnte man allerdings auf der gegenüberliegenden linken Außenbahn studieren. Dort spielte der Gegenentwurf von Can groß auf.
Denn der 25-jährige Jonas Hector hat lange gebraucht, um aufzufallen. Bis zu seinem 20. Lebensjahr spielte er in der saarländischen Provinz beim SV Auersmacher, ehe er sich über das zweite Team des 1. FC Köln spät und mühsam nach oben arbeitete. Ein Juniorenländerspiel hat er nie bestritten.
„Das ist natürlich kein Selbstläufer“
Gegensätzlicher könnte man sich also die Karrieren der Spieler, die auf den Außenbahnen weiter im Fokus stehen werden, kaum ausmalen. Und auch im Auftreten könnten die beiden unterschiedlicher kaum sein. Während Can sich nach der verpatzten U21-EM im Sommer mit Selbstkritik und markigen Worten als Führungsspieler profilierte und damit wohl seine Berufung ins A-Team beschleunigte, ist Hector eher von zurückhaltender Natur.
Ein Angebot des 1. FC Kaiserslautern lehnte er einst mit der Begründung ab, er wolle wenigstens eine Oberligasaison mit dem frisch aufgestiegenen SV Auersmacher spielen. Auch am Freitagabend reagierte er auf honigsüße Reporterfragen nach seinem besten Länderspiel, als wolle er lästige Fliegen vertreiben. „Wenn ich noch das eine Tor gemacht hätte, wäre das Ganze runder gewesen“, entgegnete er, als er auf sein gutes Spiel mit zwei Torvorlagen angesprochen wurde. Und Ansprüche auf einen Stammplatz wollte er schon gar nicht erheben. „Das ist natürlich kein Selbstläufer“, erklärte er. Ein Satz, mit dem man auch seine Karriere überschreiben kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“