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Empörung wegen VisumsverweigerungRussland gibt Machtprobe ab

Die Visumsverweigerung für den ARD-Dopingexperten Seppelt zur Fußball-WM in Russland sorgt in Deutschland für Proteste. Die russische Seite verteidigt das Vorgehen.

Hajo Seppelt, Archivbild aus dem Jahr 2017 Foto: dpa

Berlin dpa | Die Verweigerung des Visums für den ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt zur Fußball-WM in Russland ist in Deutschland auf deutliche Kritik gestoßen. Die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, Dagmar Freitag, nahm am Samstag den Fußball-Weltverband in die Pflicht. „Ich bin gespannt, wie Herr Infantino jetzt darauf reagiert. Schließlich gibt die FIFA ja vor, die Einreise von Journalisten zur WM ermöglichen zu wollen“, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Die FIFA mit ihrem Präsidenten Gianni Infantino hatte zuvor bestätigt, Seppelt die Akkreditierung für das WM-Turnier gewährt zu haben.

Auch DFB-Präsident Reinhard Grindel sieht nun den Weltverband in der Verantwortung. „Die FIFA hat betont, welchen hohen Stellenwert die Pressefreiheit für sie hat. Ich habe volles Vertrauen, dass die FIFA jetzt ihren Einfluss geltend macht, damit Herr Seppelt ungehindert aus Russland berichten kann“, erklärte der DFB-Chef am Samstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Dagmar Freitag hatte via Facebook die Entscheidung Russlands „nicht nur völlig ungerechtfertigt, sondern geradezu skandalös“ bezeichnet. Die Tatsache, dass Seppelt das russische Dopingsystem ans Licht gebracht habe, werde ihm jetzt offenbar zum Verhängnis, sagte sie.

Nachdem zuvor auch die Bundesregierung die Entscheidung Russlands scharf kritisiert hatte, forderte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), Russland müsse den Schritt rückgängig machen. „Russland sollte die Verweigerung des Visums für Herrn Seppelt korrigieren“, sagte der frühere Minister dem Tagesspiegel. „Sonst entsteht der begründete Verdacht, dass Russland entweder etwas zu verbergen oder ein Problem mit Transparenz und Fair Play im Sport hat oder beides.“

Was will ein Mensch, der mit Dreck wirft, mit unbestätigten Fakten arbeitet und in Russland nur das Negative sucht?

Dmitri Swischtschow, russischer Abgeordneter

FDP-Chef Christian Lindner forderte beim Parteitag in Berlin Außenminister Heiko Maas (SPD) auf, den Fall Seppelt zum Anlass zu nehmen, der russischen Regierung zu erklären, „was wir unter Presse- und Meinungsfreiheit verstehen“. Der stellvertretende FDP-Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki, sagte in der Welt am Sonntag: „Außenminister Maas sollte den russischen Botschafter einbestellen und darauf hinweisen, dass auch während der WM eine freie Berichterstattung für Deutschland unabdingbar ist.“

Die russische Seite verteidigte ihre Entscheidung. Seppelt wolle die Reise zur Weltmeisterschaft nur nutzen, um Russland zu verleumden und sich selbst daran zu bereichern, sagte der Abgeordnete Dmitri Swischtschow der Agentur R-Sport. „Was will ein Mensch, der mit Dreck wirft, mit unbestätigten Fakten arbeitet und in Russland nur das Negative sucht?“, kommentierte das Mitglied des Sportausschusses in der Staatsduma.

Seppelt hatte mit seinen Recherchen maßgeblich dazu beigetragen, das russische Doping-System aufzudecken. Moskau hatte die Vorwürfe immer dementiert. Er habe aber nicht mit dieser Reaktion Russlands gerechnet, bestätigte Seppelt dem Portal Salonkolumnisten in einem Interview. „Der Veranstalter ist die FIFA, und ein Vergabekriterium ist der ungehinderte Zugang für Medienvertreter aus aller Welt und eine freie Berichterstattung. Dass in diesem Fall Russland ein Visum verweigert, ist beispiellos“, sagte er.

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9 Kommentare

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  • Nun ja, man sollte nicht vergessen, dass die Doping-Aufklärer nicht nur in Putins Reich unerwünscht sind. Wie war das noch mit den Skandalen um Ski-Langlauf oder die Tour de France?! Auch da wollte man erst mal die Journalisten am liebsten Teeren und Federn und auch die ARD hat sich da nicht mit Ruhm bekleckert. Tja und das Thema Staats-Doping in der Bundesrepublik - Uni Freiburg - wurde mal kurz aufgegriffen und dann schnell beerdigt. Dabei war Herr Genscher damals einer der politisch Verantwortlichen und heute gibt sich ein Ex-Grüner als Schönredner des NOK. "Keine Macht den Drogen" nannte sich in den 80ies die heuchlerische Kampagne der Bundesregierung - aber nach der Wiedervereinigung hieß es nur 'Schwamm drüber' und so mancher Ex-DDR-Sportler steht heute noch vor einer TV-Kamera und weiß von nichts. Und in Russland hat man nix gelernt und arbeitet immer noch mit der alten Staatskeule gegen Kritiker jedwelcher Art. Bei uns war man da immer cleverer, unterdrücken, abwiegeln, schönreden und dann vor allem VERGESSEN! Gekauftes Fußball-Sommermärchen - ejal - wir bewerben uns wieder, der Erfolg rechtfertigt jedes Mittel - Narrhallamarsch...

  • Russland, also nein, die Schikanen gehen ja schon jetzt los. Ich hätte die WM in Russland schon längst abgesagt und hätte sie auf verschiedene andere europäische Lander verlegt.

    • @Alfredo Vargas:

      Wieso Schikanen? Stellen Sie sich vor, der selbst ernannte "Anti-Doping-Experte" kommt in die Nähe von Fußballern. Das kann der FIFA überhaupt nicht Recht sein.

       

      Obwohl. Herr Seppelt forscht normaler Weise nur dort nach Doping, wo es politisch erwünscht ist.

  • Nicht nur die Russen dopen.

    Soll die ARD halt 'nen Anderen schicken.

    Ich vermisse den Typen nicht.

    Danke, Putin.

  • Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, wie die Fifa da helfen soll, Dass die Fifa Herrn Seppelt die Akkreditierung erteilte, hat doch mit der Visa- Vergabe Russlands doch nichts zu tun; da könnte ja jede unerwünschte person kommen, sich durch irgend wen akkreditieren lassen, und daraus ein Visa-Anspruch ableiten. Wenn herr Seppelt zur unerwünschten person erklärt worden ist, so muss er das mit Russland klären, und da kann die Fifa, außer durch ein wenig gutes Zureden, relativ wenig erreichen, da die Visa-vergabe immer noch hoheitliches recht der russischen Administration ist-

    das wäre meine Mitteilung an die Bundesregierung als fifasprecher, und ga

    • @elmagico:

      Das gute zureden und der antehende Besuch Merkels haben scheinbar geholfen; Putin will keine saure Mutti, wenn er Pläne gegen Trump schmieden will, also darf der Seppelt doch rein.

      Also an seiner stelle würde ich jetzt nicht anreisen, da das die Erbärmlichkeit des Herrn Seppelt doch nur offenbaren würde,

  • Also mal konsequent sein und die Teilnahme an der WM absagen und die Fernsehsender können in der freigewordenen Zeit mal Sportarten zeigen die sonst keine Sendezeit bekommen.

  • Wer hat eigentlich ernsthaft gedacht, dass der Hajo zur WM nach Russland seppeln darf?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      ... offenbar Muttis (Ex-)Liebling.