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Empörte Reaktion auf Vilmar ist unaufrichtig –betr.: „Der Tod, das muß ein Grüner sein“ u.a., –taz vom 12./13.12.98

Bei aller Antipathie gegen Vilmars ärztliche Ständepolitik, gegen die unbegreifliche Schonung und Beklatschung von Frau Fischers Vorgänger Seehofer und die mangelnde Rücksicht gegenüber der neuen Ministerin, weil sie das falsche Parteibuch hat. Bei aller Ablehnung auch gegen erpresserisches Einsetzen des Patientenwohls für eigene Interessen. Aber: Die empörte Reaktion auf Vilmars Äußerung der vergangenen Woche ist unaufrichtig.

Der Realität müssen wir schon ins Auge sehen – und sie ändern. Das „sozialverträgliche Frühableben“ wird praktiziert. Alte Menschen verkommen in Pflegeheimen und zu Hause, weil gute Pflege trotz Zehn-Milliarden-Plus der Pflegeversicherung nicht interessiert. Wegen mangelnder Pflege und mangelnder krankengymnastischer Betreuung sterben sie früher – ungewollt? Schwerkranke brauchen Glück oder Geld, teure Medikamente verschrieben zu bekommen und hausärztlich und hauspflegerisch betreut zu werden. Die durch Budgetkürzung im Personal- und Sachmittelbereich schlechter werdende Behandlung im Krankenhaus schadet ebenfalls besonders den Alten und Schwerkranken.

An Vilmars Äußerung wurde besonders hart kritisiert, daß sie die Patienten verunsichere und ängstige. Angst haben unsere Patienten zunehmend, aber nicht durch Vilmars Äußerung, sondern durch ihre eigene tägliche Realität. [...] Cora Jacoby, Mitglied des Vorstandes der Ärztekammer Berlin

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