Emissionshandel in Australien gescheitert: Sieg der Klimaskeptiker
Die australische Regierung scheitert mit ihrem Klimaschutzgesetz, das den CO2-Emissions-Handel einführen sollte, an der Angstkampagne der Kohlelobby.
Das australische Parlament hat am Donnerstag einen Regierungsvorschlag zur Einführung eines Klimagesetzes abgelehnt. Die Vorlage hatte keine Chance: Die Grünen, die im Oberhaus mit den Konservativen und zwei Unabhängigen die Balance der Macht halten, sagten Nein, weil ihnen die Reduktionsziele für das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) nicht weit genug gingen. Die konservative Opposition stimmte dagegen, weil sie dem Druck der Klimaskeptiker in ihren Reihen nachgeben musste.
Das Gesetz bestand aus zwei Teilen. Im ersten wären alle Energieproduzenten dazu verpflichtet worden, mindestens 20 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu produzieren. Das hätte die Opposition unter ihrem Führer Malcolm Turnbull auch unterstützt.
Keine Chance aber hatte der zweite Teil, nämlich die Einführung eines Emissionshandelssystems. Unternehmen hätten Zertifikate kaufen müssen, die ihnen das Recht gegeben hätten, CO2 zu produzieren. Die Zertifikate hätten dann ähnlich einem Wertpapier gehandelt werden können.
Dabei wollte die Regierung großzügig sein. Sie hätte Umweltverschmutzern wie der Kohle- und Stromindustrie Gratiszertifikate im Wert von vielen Milliarden Dollar ausgehändigt, um mögliche wirtschaftliche Konsequenzen abzumildern.
Premierminister Kevin Rudd wollte mit der Vorlage den CO2-Ausstoß bis 2020 um 5 bis 25 Prozent reduzieren - gegenüber dem Stand im Jahr 2000. 25 Prozent allerdings kämen nur dann in Frage, wenn es beim Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember zu einem entsprechenden Beschluss aller Teilnehmerstaaten komme, so der Premier.
Beobachter werteten die Abfuhr als einen großen Sieg für die Kohleindustrie. Die politisch einflussreichen Kohleförderer und Stromerzeuger fordern seit Jahren möglichst niedrige CO2-Reduktions-Vorschriften. Australien produziert den Großteil seiner Energie mit dem Verbrennen von Kohle. Nicht zuletzt deshalb ist das Land pro Kopf der Bevölkerung der weltgrößte Verursacher von Klimagasen. Der besonders mit Schadstoffen belastete Energieträger Kohle ist auch das wichtigste einzelne Exportprodukt. Schätzungen zufolge sitzt Australien auf Kohlereserven, die noch 700 Jahre halten sollen.
Die Kohle- und Mineralienindustrie hatte in den letzten Monaten eine beispiellose Angstkampagne geführt. Obwohl sie als Folge der steigenden Nachfrage in China vor der größten Expansion ihrer Geschichte steht, warnte sie vor einem wirtschaftlichen Armageddon, sollte das Gesetz angenommen werden. Alleine im Bundesstaat New South Wales würden 11 Minen schließen und 15.000 Arbeitsplätze gestrichen werden.
Experten bestreiten das. Den Arbeitsplätzen, die verloren gehen würden, stünden tausende "grüne Jobs" gegenüber, die durch den Aufbau einer auf erneuerbare Energien fokussierten Industrie entstehen würden, meint etwa Mark Diesendorf, Umwelttechnologieprofessor in Sydney. Trotzdem wird das Argument potenziellen wirtschaftlichen Schadens von vielen konservativen Politikern kolportiert. Selbst Spitzenpolitiker im Schattenkabinett behaupten, Klimawandel sei keine Folge menschlicher Aktivitäten, sondern eine natürliche Erscheinung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin