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Eliteuniversität

Betr.: „Elite-Juristen in spe“, taz hamburg vom 2./3.10.2000

Dass der Hamburger Blätterwald über den Start der privaten Bucerius Law School (BLS) unkritisch oder sogar lobhudelnd berichten würde, war zu erwarten. Dass allerdings auch die taz nur eine unkommentierte Meldung brachte, hat uns enttäuscht.

Zunächst muss man sich bewusst sein, dass die Etablierung von privaten Hochschulen grundsätzliche Probleme mit sich bringt. Mit jeder privaten Hochschule kann sich der Staat aus seiner (finanziellen) Verantwortung für das Bildungswesen weiter zurückziehen. So wird die Idee, der Wettbewerb mit der privaten Konkurrenz könne die staatlichen Bildungseinrichtungen zu neuen Höchstleistungen beflügeln, ad absurdum geführt.

Außerdem werden durch die Einrichtung privater Hochschulen inkl. Studiengebühren zunehmend Bildungschancen privatisiert. Das bedeutet den Abschied vom Ideal der Chancengleichheit im Bil-dungswesen. Es erscheint unmöglich, dass Studierende ohne die finanzkräftige Unterstützung ihrer Eltern 50.000 Mark an Studiengebühren aufbringen können.

Desweiteren ist es auch nicht richtig zu behaupten, die BLS finanziere sich gänzlich ohne staatliche Mittel. An vielen Stellen greift die BLS auf staatliche Ressourcen wie Bibliotheken zurück. Die umfangreiche und teilweise sehr spezielle Versorgung kann von der BLS-Bibliothek nicht gewährleis-tet werden. Außerdem haben auch Studierende der BLS ein juristisches Staatsexamen abzulegen. Dadurch werden sie zwangsläufig in den Verwaltungsapparat des Prüfungsamtes aufgenommen und profitieren dort von den bereits bestehenden Strukturen.

Ein Hauptproblem scheint zu sein, dass in der Öffentlichkeit davon ausgegangen wird, dass nur an der BLS ein hochwertiger Jura-Abschluss gemacht werden kann bzw. auch automatisch gemacht wird. Die vielen Möglichkeiten, die die Universität zu bieten hat, werden dadurch vollkommen vergessen. Auch wenn die BLS-AbsolventInnen in einem speziellen Bereich Fachkompetenz erwerben, bleibt zu fragen, ob dies ausreicht, sie zu dem zu befähigen, was von den sog. Eliten erwartet wird.

Jan Gehrken und Kawus Klapp, Fachschaftsrat Jura

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