Elektrosmog: Verhüllungsaktion strafbar
Ein Elektronsensibler hat einen O2-Sendemast mit einer strahlungsisolierenden Decke umhüllt. Das Amtsgericht Freiburg verurteilte den Mann zu 100 Euro Strafe.
FREIBURG taz | Zu einer Strafe von 100 Euro hat das Amtsgericht Freiburg einen Mann verurteilt, der einen Mobilfunksender mit einer Aluwärmedecke umwickelt hat. Der gelernte Telekommunikationstechniker Ulrich Weiner hatte mit der Decke versucht, sich vor den Strahlen des Sendemasten des Mobilfunkbetreibers O2 zu schützen.
Vor sieben Jahren sei er das erste Mal zusammengebrochen und lebe daher seit 2004 überwiegend in einem Wohnwagen, zuletzt auf einem Waldparkplatz bei St. Märgen im Schwarzwald, führte Weiner vor Gericht aus. "Das ist bislang der einzige strahlungsfreie Ort, an dem ich zugleich von den Behörden geduldet werde und Freunde habe, die mich mit Nahrung versorgen", so Weiner.
Im November letzten Jahres erlitt er dort einen lebensbedrohlichen Beinahezusammenbruch, wie eine Zeugin vor rund hundert anwesenden Zuschauern schilderte. Kurz darauf erfuhr er, dass ein neuer Sender des Mobilfunkunternehmens O2 mit Strahlrichtung auf den Parkplatz in Betrieb genommen worden war. Auf die Forderung, den Sender abzuschalten oder die Strahlrichtung zu ändern, reagierten weder die Behörden noch das Unternehmen. Man verfolge weiterhin das Ziel einer vollständigen Netzabdeckung, äußerte ein Sprecher des Mobilfunkbetreibers.
Daraufhin verhüllte Weiner die Richtfunkantenne und sorgte damit für die kurzfristige Selbstabschaltung des Mobilfunksenders. Dies sei, so der Richter, eine Störung einer von den Behörden genehmigten Telekommunikationsanlage und damit rechtswidrig gewesen. "Ich glaube nicht, dass Sie ein Simulant sind und ich sehe, dass Sie unter einem großen Leidensdruck stehen", so der Richter, der die Geldstrafe unter Vorbehalt und ohne Auflagen aussprach. Der richtige Weg sei aber nicht der der Selbsthilfe, sondern der einer zivilrechtlichen Klage auf Unterlassung gegen O2.
Gegen das Urteil kann noch Berufung oder Revision eingelegt werden. Weiners Anwalt Frank-Ulrich Mann zog in seinem Plädoyer Parallelen zu Asbest und Contergan, deren Opfer auch zu spät ernst genommen worden seien. Er verwies auf eine Forderung des Europäischen Parlaments vom Frühjahr, wonach alle EU-Staaten dem Beispiel Schwedens folgen und Schutzräume für elektrosensible Menschen schaffen sollten.
Patricia Fromm, Sprecherin des Aktionsbündnis für strahlungsfreie Lebensräume, verwies auf die steigende Zahl Elektrosmog-Geschädigter: "Wir möchten entscheiden können, ob wir uns in einem strahlungsreichen oder -freien Gebiet aufhalten."
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