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Elektrifizierung des AutoverkehrsAbschied vom Umstieg

Beim Spitzengespräch zur Elektromobilität wird über Fördermaßnahmen gestritten. Das Ziel, den Autoverkehr zu elektrifizieren, rückt in die Ferne.

Große Pläne: Reine Elektroautos sind derzeit Ladenhüter. Bild: dpa

BERLIN taz | Ob und wie die gemeinsame Strategie zur Elektromobilität gerettet werden kann, darüber diskutieren am Montag im Kanzleramt die Chefs der deutschen Autobauer und die Bundesregierung. Denn das Ziel, den Autoverkehr zu elektrifizieren, droht in weite Ferne zu rücken. Zuletzt hatte der japanische Autokonzern Toyota verkündet, er sehe für reine Elektroautos derzeit keinen Markt und setze daher auf Hybrid-Modelle, die Elektro- mit Benzin- oder Dieselantrieb kombinieren.

Seit Jahren pendelt die Zahl der Elektroautos in Deutschland um die 2.500. Zwar führen inzwischen fast alle Hersteller ein entsprechendes Modell – in wenigen Wochen etwa wird der neue Elektro-Smart ausgeliefert –, doch bislang sind sie sämtlich Ladenhüter.

Vom Plan, bis 2020 eine Million E-Autos auf die Straße zu bringen und Deutschland damit zu einem „Leitmarkt“ für Elektromobilität zu machen, hat sich Berichten zufolge selbst die Bundesregierung verabschiedet.

Die „Nationale Plattform Elektromobilität“, ein Netzwerk aus Bundesregierung, Industrie und Forschern, ist ebenfalls pessimistisch. In ihrem dritten Fortschrittsbericht heißt es, die geplanten Fördermaßnahmen wie Steuererleichterungen oder mehr Rechte im Straßenverkehr für die Fahrer von Elektroautos könnten den Verkauf nur um etwa 10 Prozent steigern, auf dann 600.000 Autos. Zusätzliche Maßnahmen seien unabdingbar, beispielsweise eine Förderung durch die öffentliche Beschaffung oder auch „nichtmonetäre“ Anreize wie Sonderparkplätze für E-Autos.

Kanzlerin lehnt Kaufprämien ab

Deutlicher wurde der Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth. Er plädierte im Tagesspiegel für eine direkte Kaufprämie für Elektroautos: „Am Ende müssen die Kunden das Auto bezahlen können.“ Der hohe Preis der Fahrzeuge ist immer noch eines der größten Probleme. Während der Smart als Benziner für etwas mehr als 10.000 Euro zu bekommen ist, wird er in der Elektroversion über 23.000 Euro kosten. In Frankreich schießt der Staat bereits bis zu 7.000 Euro zum Kauf eines E-Mobils zu.

Die Kanzlerin hat solche Kaufprämien jedoch stets abgelehnt. Auch der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, kündigte im Vorfeld des Spitzengesprächs an, auf staatliche Zuschüsse verzichten zu wollen: „Die Frage nach einer Kaufprämie hat zum heutigen Zeitpunkt nicht die erste Priorität.“

Viel wichtiger sei, Deutschland zu einem wichtigen Standort für die Entwicklung und Produktion von Batteriesystemen zu machen. Sinnvolle Elemente enthalte auch das von der Bundesregierung beschlossene Förderpaket, das für Elektroautos unter anderem eine zehnjährige Befreiung von der Kfz-Steuer vorsieht.

Jede Menge Steuergeld steckt ohnehin bereits jetzt in der Branche. Forschung und Entwicklung lässt sich die Bundesregierung eine Milliarde Euro kosten, die „regionalen Schaufenster“, in denen strombasierte Mobilitätskonzepte erprobt und publik gemacht werden, werden mit rund 180 Millionen Euro gefördert.

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9 Kommentare

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  • U
    Urgestein

    @mehrdad

     

    Was ist eigentlich mit den Milliardensubventionen für die deutschen Atomwirtschaft? Schon vergessen? "Verdrängt" trifft es wohl eher...

     

    Sie haben die EEG-Umlage einfach nicht verstanden. Wer hindert sie eigentlich daran, ein paar tausend Euro in eine eigene Anlage zu investieren? Oder, falls sie kein Haus haben, in eine Genossenschaftsanlage?

     

    Vermutlich gehts ihnen gar nicht um das Geld. Sie wollen sich bloss kein Gedanken um die nachfolgenden Generationen machen. Und sie verachten diejenigen, die es trotzdem tun. Ihnen reicht es völlig auf Kosten anderer zu leben. Und damit das nicht so aufällt, denunzieren sie jene als "Bestien", die noch in Kategorien wie "Verantwortung", "Rücksichtnahme" und - Vorsicht, abgegriffen! - "Nachhaltigkeit" denken.

     

    Schauen sie mal wieder in den Spiegel.

  • M
    mehrdad

    bitte nicht noch mehr planwirtschaft und "förderung".

     

    wir bezahlen schon subventionen für:

     

    -reiche hausbesitzer mit solaranlagen.

    -öko- heuschrecken, die selbst dann geld bekommen, wennm sie keine einzige KW/h strom liefern.

    -netzausbau.

    -demnächst für luftverpestende kohlekraftwerke, die auf standby gehalten werden.

    -demnächst für "kapazitätsmarkt".

     

    usw.

     

    es reicht schon lange.

     

    und nun noch PKW- maut und elektroauto-förderung?

     

    der deutsche staat und die grüne öko- elite sind schon längst zu gierige bestien mutiert.

     

    aber das dumme volk lässt sich ja leicht auf die grossunternehmer und leistungsträger aufhetzen, während mit der EEG umlage die grösste umverteilung von unten nach oben der deutschen nachkriegsgeschichte stattfindet.

  • C
    claudia

    >>Es wäre also von Vorteil, in Zeiten der Elektrifizierung ein gutes Bahnnetz zu haben - das ist, wenn man das mal durchrechnet garantiert um so manche Größenordnung billiger.

  • U
    Urgestein

    @Orangensaft

     

    Mit der 85-kWh Variante haben sie eine Reichweite von 480 km. Tanken sie etwa ihren Benziner am Ende jeder einzelnen Fahrt auf jedem Parkplatz und in jedem Parkhaus? Dann sollten sie mal über eine Neuanschaffung nachdenken.

     

    Das Konzept des Model S besagt kurz: Tagsüber fahren - abends/nachts (zu Hause) laden. Tesla stellt in jedem Absatzland eigene Techniker zur Verfügung, die aufgrund ihrer täglichen Fahrleistung eine Solaranlage konzipieren mit der sie ihr Auto zu Hause zum Nulltarif aufladen können, während sie noch zu Abend essen, ein Buch lesen oder einen Film im Fernsehen verfolgen. Sie können auch zeitig zu Bett, der Ladevorgang wird automatisch beendet.

     

    Außerdem sin die Batterien so im Rumpf angeordnet, daß sie innerhalb von 2 Minuten komplett ausgetauscht werden können. Wahrscheinlich brauchen sie schon länger, wenn sie die Tintenpatrone ihres Druckers wechseln. Diese Möglichkeit ist vorgesehen, um bei entsprechend ausgebautem Netz zertifizierte Batterien an Solartankstellen gegeneinander austauschen zu können. Sie bezahlen nur den Ladeunterschied zwischen ihrer alten und der neuen Batterie.

     

    So sieht für mich individuelle Mobilität der Zukunft aus.

  • O
    Orangensaft

    So einfach geht das mit dem Elektroauto sowieso nicht.

     

    Überlegen Sie mal bitte: Tesla Model S braucht in der 85kwh Version zum Aufladen von 10% auf 75% ca. eine Stunde 40 Minuten, bei der Schnellladung. Jetz stellen Sie sich mal vor Sie beitreiben ein Parkhaus mit >1000 Stellplätzen, da ist es ziemlich wahrscheinlich, das 5 Leute ihre Kisten "schnell" laden wollen. Wenn man bei 1h40min von schnell reden könnte...

     

    Sollte ihr Parkhaus am Niederspannungsnetz hängen, dann wird es ziemlich sicher nicht mitmachen, der Tesla schluckt nämlich 63Ampere @ 400Volt. Selbst das Mittelspannungsnetz kommt bei 250 Autos an die Grenzen (und da hängen ja auch noch andere Verbraucher dran). Heißt also Sie dürfen jedes beschissene Parkhaus und jeden großen Parkplatz an das Hochspannungsnetz anhängen. Auch innerhalb eines Häuserblocks fliegt die Sicherung, wenn drei Nachbarn schnellladen wollen. Wie wollen wir, die 4 Gästezimmer vermieten, jedem Kunden Starkstrom bieten (wir brauchen ja auch selbst ne Dose)? Haushaltsstrom können sie bei 85kwh Akkugröße total vergessen - dauert mehr als 40 Stunden bis der Akku voll ist^^. Und wie will unser kleines Dorf, das bei manchen Festen doppelt so viele Gäste wie Einwohner hat, auch nur einem 20tel davon Starkstrom liefern, ohne dass der Dorftrafo auseinanderfliegt?

     

    Na dann viel Spass beim Umlegen der Kosten auf die Allgemeinheit. E-Autos haben in der massenhaften Anwendung schon in der Theorie keine Zukunft. Es wäre also von Vorteil, in Zeiten der Elektrifizierung ein gutes Bahnnetz zu haben - das ist, wenn man das mal durchrechnet garantiert um so manche Größenordnung billiger.

  • K
    Klimaschänderbande

    Wie im Schiffbau, wo es schon lange nicht genutzte Antriebe durch Windturbinen gibt, die satte 25 Knoten machen, geht Klimaschutz nur mit Verbot von Verbrennungsmotoren.

    Und das sollte schnell passieren.

  • J
    Josh

    "Seit Jahren pendelt die Zahl der Elektroautos in Deutschland um die 2.500..."

    "...die geplanten Fördermaßnahmen wie Steuererleichterungen oder mehr Rechte im Straßenverkehr für die Fahrer von Elektroautos könnten den Verkauf nur um etwa 10 Prozent steigern, auf dann 600.000 Autos..."

    Wie passen die Zahlen zusammen?

  • Z
    zuechter

    Energiespeicherung ist tatsächlich wichtiger, als Stromfresser zu subventionieren, die wieder die AKW´s ins Gespräch bringen. Elektroautos dürften nur mit entsprechender regenerativer Stromproduktion im Doppelpack angeboten werden.

  • V
    vic

    Es gibt aber auch reale Probleme mit der Elektrifizierung des Individualverkehrs.

    Nur Strom aus erneuerbaren Quellen führt zum erwünschten Fortschritt.

    Dann bleibt das Problem der seltenen Erden, von denen immer mehr für immer bessere Batterien benötigt werden. Und schließlich sind E-Fahrzeuge schlicht für Normalverdiener zu teuer.