: Elder Soulman aus dem Slum
■ Das "Tier" Eric Burdon zu Besuch in St. Pauli / Immer noch politisch engagiert
zu Besuch in St.Pauli / Immer noch politisch engagiert
Begonnen hatte alles mit einem Lied über dieses Freudenhaus am Golf von Mexiko — „The house of the rising sun“, das viele gute Köpfe um den Verstand bringt, oder die in den Ruin treibt, die vom Licht angezogen und in Euphorie unvorsichtig geworden, in der Flamme verbrennen. Mit dem rockig in Form gebrachten Traditional reüssierte 1965 eine Blues- Band mit dem Namen The animals. Ihr Sänger Eric Burdon verstand etwas von Schmerz und Unrechtsempfinden, besaß Stimme, und da er in in Elendsvierteln aufgewachsen war, konnte er auf einen erfahrungsträchtigen sozialen Hintergrund verweisen.
Gestern fand sich ein äußerlich kaum veränderter, „elder soulman“ in Hamburg St. Pauli ein, um einen Blick auf die Elbe zu werfen. Die Auskunft über die derzeitige musikalische Richtung blieb ungenau, Burdon: „Es ist wie mit einem Kuchen: Man kann nicht schon drüber reden, wenn er fertig gebacken ist, sondern erst, wenn man ihn schmeckt“.
Einst münzte Eric Burdon noch die Metapher vom „Tier“, das Rock-Sänger seit jeher auf Bühnen „herauslassen“, um in einer dramatisch zugespitzten Bekennerlaune inneren Schweinehunden freien Lauf zu lassen, zum Gruppennamen um. Mit wachsendem Star-Status verspürte er aber den Drang zum Engagement, und verabredete sich Ende der 60er Jahre mit dem Soul- Septett War zu Jam-Sessions. In den folgenden beiden Jahrzehnten bewegte sich der „weiße Neger“ (nach Siegfried Schmidt-Joos/Barry Graves „Rock-Lexikon“) stilistisch zwischen Hard Rock und Blues, Soul und Jazz.
Auf den Schwarzen-Führer Malcolm X angesprochen, zeigte sich Burdon gestern verbindlich: „Ich kann es verstehen, wenn er die Weißen als ‘Teufel' bezeichnete. Wer sich anschaut, was die Pioniere in Amerika oder die Kolonisatoren in Australien mit den Ureinwohnern gemacht haben, der muß ihm recht geben.“ Zu den anderen Mitgliedern der Animals bestehe inzwischen kein Kontakt mehr: „Ich habe das ganze Pack schon seit der letzten Tour 1983 nicht mehr getroffen. Mit dem Keyboarder Alan Price habe ich mich nicht nur damals fast ausschließlich gestritten.“
Natürlich hat Burdon auch schon von dem berühmten Gitarrenlehrer Peter Bursch gehört, der seit 15 Jahren Anfänger-Gitarristen die magischen Sept-Akkorde von „House of the rising sun“ verklickert. Bei Burdons Auftritt im März wird Bursch aber voraussichtlich nicht zur Band des sympathischen Vokalisten gehören. Kristof Schreuf
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