: El Salvador: Frauenrechtlerin ermordet
■ Norma Herrera war Leiterin des „Institut für Forschung, Bildung und Entwicklung der Frau“ (IMU) / Am 16.11. wurde sie von Militärs verschleppt und später tot aufgefunden
In den frühen Morgenstunden des 16. November entführten Militärs Norma Herrera aus ihrem Haus. Zusammen mit ihrer 15jährigen Tochter und zwei anderen Frauen wurde sie später tot aufgefunden. Etwa zur gleichen Zeit wurden der Rektor und der Vizedirektor der Zentralamerikanischen Universität (UCA) in San Salvador, sowie sechs weitere Menschen ermordet. Darüber berichteten die Zeitungen, über den Mord an Norma Herrera aber schwiegen sie.
Norma war Mitbegründerin und Leiterin des salvadorenischen „Institut für Forschung, Bildung und Entwicklung der Frau“ (IMU), das die Arbeit verschiedener Frauengruppen im Land koordiniert. So initiierte das IMU 1987 das „Erste Treffen der Frauen für den Frieden“, zu dem 300 engagierte Frauen aus Gewerkschaften, Kirchen, Universitäten und von Flüchtlingsgruppen kamen. Im Unterschied zu den Frauenorganisationen der Stadtviertel bietet das IMU auch überregional Workshops und Seminare für Frauen und Männer aus kommunalen Initiativen, Kirchen und Gewerkschaften an. Forschung und Dokumentation bilden einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit am IMU. Das Institut unterhält eine Bibliothek, die allen Frauen offen steht.
Norma war Sozialwissenschaftlerin und arbeitete an einem Forschungsprojekt zur Arbeitssituation von Frauen in El Salvador. Sie setzte sich dafür ein, daß das IMU auch Informationen über bislang tabuisierte Themen wie Abtreibung und Vergewaltigung an die Öffentlichkeit brachte. Die meisten salvadorianischen Frauengruppen haben sich mit diesen Themen bisher wenig beschäftigt. Sie engagieren sich vor allem für eine verbesserte medizinische Versorgung, ein gerechtes Bildungssystem und ein neues Familien- und Arbeitsrecht. Sie fordern einen nationalen Dialog zur Beendigung des Bürgerkrieges und die Achtung der Menschenrechte.
Im April dieses Jahres gründete das IMU die Rechtsberatungsstelle für Frauen CALMUS (Centro de Asistencia Legal para la Mujer Salvadorena). Das Institut und besonders Norma haben sich neben dieser Arbeit auch um den Aufbau internationaler Kontakte bemüht.
Norma war für mich und andere Frauen aus dem Ausland eine wichtige Ansprechpartnerin. Das IMU wird weiterarbeiten, mit Norma aber ist ein Stück Geschichte und Erfahrung im Aufbau der Frauenarbeit in El Salvador verloren gegangen. Sie ist nicht das erste Opfer aus der salvadorianischen Frauenbewegung in diesem Jahr. Anfang April wurde Maria Cristina Gomez, eine Aktivistin der Frauenorganisation CONAMUS ermordet; Mitte des Jahres „verschwand“ Rosa Dina Saens, die Koordinatorin der indianischen Frauenorganisation AMIS. Ihr Tod ist kein Zufall, sondern gehört zur gezielten Einschüchterungspolitik von Militärs und Todesschwadronen gegen bekannte Personen der sozialen Bewegung.
Annekathrin Linck/Frauenanstiftung
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